Medienschaffende fordern Freilassung verhafteter Journalist:innen

Seit einem Monat befinden sich 16 Journalist:innen aufgrund fingierter Terrorvorwürfe in Amed im Gefängnis. Kolleginnen und Kollegen haben in Amed und Istanbul ihre sofortige Freilassung gefordert.

In Amed (tr. Diyarbakir) und Istanbul haben Medienschaffende die Freilassung ihrer verhafteten Kolleginnen und Kollegen gefordert. Hintergrund der Kundgebungen war die Verhaftung von 16 Journalist:innen vor einem Monat in Amed.

An der Kundgebung vor dem Journalistenverein DFG in Amed nahmen neben Medienschaffenden auch Vertreter:innen politischer Parteien und weitere solidarische Menschen teil. Roza Metina wies als Sprecherin der Mesopotamischen Journalistinnenplattform (MKGP) darauf hin, dass die Verhaftungen aufgrund von journalistischen Tätigkeiten erfolgt sind. Zwölf der verhafteten Journalisten sind inzwischen in die Hochsicherheitsgefängnisse Nr. 1 und 2 in Amed verlegt worden. Weiter erklärte Roza Metina, dass von den Verhafteten geschriebene Briefe von der Vollzugsleitung als „bedenklich“ eingestuft und nicht weiter geleitet werden. Zunächst betraf diese Einstufung den Journalisten Ömer Çelik. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Brief unzulässig sei, weil er in den Medien veröffentlicht werden sollte. Danach wurden Briefe von Mehmet Ali Ertaş, Zeynel Abidin Bulut und Serdar Altan beschlagnahmt, weil diese eine „Fortsetzung der journalistischen Tätigkeiten“ darstellen würden. „Als ob das nicht reichen würde, wurden Angehörige bei Besuchen im Gefängnis nackt durchsucht“, so die Journalistin Roza Metina.

Auf der Kundgebung wurde auch auf die Verurteilung des kurdischen Journalisten Abdurrahman Gök zu anderthalb Jahren Freiheitsstrafe hingewiesen. „Unser Kollege wurde bestraft, weil er den Mord an Kemal Kurkut bekannt gemacht hat. Wir sind damit konfrontiert, dass Straftäter belohnt und Journalistinnen und Journalisten für ihre Berichterstattung über Straftaten bestraft werden. All das zeigt, dass kurdische Journalistinnen und Journalisten und die freien Medien von einem systematischen Angriff betroffen sind“, sagte Roza Metina und führte weiter aus: „Die freien Medien werden offen bedroht. Es wird signalisiert, dass eine Berichterstattung nicht zugelassen wird.“

Der Journalist Azad Altay, Redakteur der Mesopotamischen Agentur (MA), erklärte im Anschluss: „Wir wissen, was mit der Verhaftung unserer Kolleginnen und Kollegen bezweckt wird: Die freien Medien sollen zum Schweigen gebracht werden, die Wahrheit soll im Dunkeln bleiben. Wir sollen verstummen, aber wir erklären, dass wir noch viel lauter werden. Es sollte klar sein, dass wir noch mehr arbeiten werden, wenn das, was in unserer Region geschieht, verschleiert werden soll.“

Protest in Istanbul: Journalist:innen werden verhaftet, weil sie die Wahrheit berichten

Eine ähnliche Kundgebung fand im Istanbuler Stadtbezirk Kadiköy statt. Neben den Vereinen MKGP und DFG beteiligten sich auch die Mediengewerkschaft DİSK/Basın-İş sowie die Abgeordneten Musa Piroğlu (HDP) und Sezgin Tanrikulu (CHP) an dem Protest.

Hintergrund

Am 8. Juni wurden in Amed sechs Medienunternehmen, darunter die beiden Nachrichtenagenturen Mezopotamya (MA) und JinNews sowie die kurdischsprachige Zeitung Xwebûn, im Rahmen eines „Ermittlungsverfahrens" der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakir gegen zwanzig Journalist:innen und zwei weitere Personen durchsucht. Auch die Produktionsfirmen Piya, Ari und Pel waren Ziel der Aktion. Das Medienmaterial in diesen Einrichtungen wurde von der Polizei beschlagnahmt, und die beschlagnahmten Kameras wurden der Antiterrorabteilung der Polizei als Beweis für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgelegt. Nach acht Tagen Gewahrsam wurden 16 der 22 bei der Aktion festgenommenen Journalist:innen am 15. Juni wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet.

Namen und Funktionen der Verhafteten

Bei den Verhafteten handelt es sich um die Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews, Safiye Alagaş, den Ko-Vorsitzenden des Journalistenvereins Dicle-Firat (DFG), Serdar Altan, den Redakteur der Nachrichtenagentur MA, Aziz Oruç, die beiden Redakteure der kurdischsprachigen Zeitung Xwebûn, Mehmet Ali Ertaş, und Zeynel Abidin Bulut, den Moderator und ehemaligen MA-Redakteur Ömer Çelik, die Moderatorinnen Neşe Toprak und Elif Üngür, die Kameraleute Mazlum Doğan Güler, Ibrahim Koyuncu, Abdurrahman Öncü, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Lezgin Akdeniz und Mehmet Şahin sowie um Remziye Temel, Buchhalterin von Piya Production.