PEN International verurteilt Verhaftung kurdischer Medienschaffender

PEN International hat die Verhaftung kurdischer Journalist:innen in Amed verurteilt: „Wir befürchten, dass sie dafür bestraft werden, dass sie ihre Arbeit machen. Sie müssen unverzüglich entlassen werden“, fordert die Schriftstellervereinigung.

Die internationale Schriftstellervereinigung PEN hat die Verhaftung kurdischer Medienschaffender in Amed (tr. Diyarbakır) scharf verurteilt und ihre unverzügliche Freilassung gefordert. Ma Thida, Vorsitzende des Writers-in-Prison-Committee von PEN International, bezeichnete das Vorgehen der türkischen Justiz als „Teil eines systematischen Versuchs“, unabhängige Medien in der Türkei zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit einzuschränken. „Wir befürchten, dass die Journalisten dafür bestraft werden, dass sie ihre Arbeit machen. Sie müssen unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden“, so Thida.

Insgesamt fünfzehn Journalistinnen und Journalisten sowie eine Buchhalterin befinden sich seit vergangener Woche Donnerstag wegen des „dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ in einem örtlichen Gefängnis in Amed. Sie arbeiten alle für Medien und Produktionsfirmen in der Tradition der freien kurdischen Presse. Die türkischen Behörden werten dies als „Pressearbeit“ für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Zuvor wurden die Betroffenen acht Tage lang in Polizeigewahrsam in Einzelzellen der örtlichen Antiterrorzentrale festgehalten.

Obwohl die Ermittlungsakten einer Geheimhaltungsklausel unterliegen, berichteten regierungsnahe Medien, dass die Razzien im Rahmen einer „Anti-Terror-Operation“ gegen das „PKK-Pressekomitee“ durchgeführt worden seien. Im Zuge des von der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakır geführten Ermittlungsverfahrens wurden sechs Medieneinrichtungen durchsucht, darunter zwei Nachrichtenagenturen (MA und JinNews) und eine kurdischsprachige Zeitung (Xwebûn). Auch die Produktionsfirmen Piya, Ari und Pel wurden ins Visier genommen. Das Medienmaterial in diesen Einrichtungen wurde von der Polizei beschlagnahmt, die eingezogenen Kameras wurden in der polizeilichen Antiterrorabteilung als Beweismittel für die Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation” präsentiert.

Türkei missbraucht Antiterrorgesetze als Maulkorb

Die Kriminalisierung des Journalismus und die strafrechtliche Verfolgung von Medienschaffenden unter willkürlicher und massiver Nutzung der nur sehr vage formulierten Antiterrorgesetze gehören immer öfter zum Alltag in der Türkei. Besonders betroffen von dieser Art der Repression und Diffamierung als „Terroristen“ sind Vertreterinnen und Vertreter der kurdischen Presse. Auch der Autorenverband PEN prangert die Beschränkungen der Meinungsfreiheit in dem Land durch Gesetze an: „Die Türkei muss aufhören, Antiterrorgesetze und andere Bestimmungen anzuwenden, um unabhängige Medienschaffende ins Visier zu nehmen“, forderte Ma Thida. Außerdem müsse sie das Recht auf freie Meinungsäußerung wahren. Dieses Recht schließt auch die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

Bei den am 15. Juni wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft verhafteten Journalist:innen handelt es sich um die Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews, Safiye Alagaş, den Ko-Vorsitzenden des Journalistenvereins Dicle-Firat (DFG), Serdar Altan, den Redakteur der Nachrichtenagentur MA, Aziz Oruç, die beiden Redakteure der kurdischsprachigen Zeitung Xwebûn, Mehmet Ali Ertaş, und Zeynel Abidin Bulut, den Moderator und ehemaligen MA-Redakteur Ömer Çelik, die Moderatorinnen Neşe Toprak und Elif Üngür, die Kameraleute Mazlum Doğan Güler, Ibrahim Koyuncu, Abdurrahman Öncü, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Lezgin Akdeniz und Mehmet Şahin sowie um Remziye Temel, Buchhalterin von Piya Production.

Ausreiseverbot und Meldeauflagen gegen Freigelassene

Die JinNews-Redakteurin Gülşen Koçuk sowie Esmer Tunç, Mehmet Yalçın, Kadir Bayram, Feynaz Koçuk und Ihsan Ergülen waren ebenfalls festgenommen worden, wurden nach der Polizeihaft unter Meldeauflagen entlassen. Sie müssen sie sich zweimal im Monat auf einem Revier melden und dürfen das Land nicht verlassen.

Türkei – größtes Gefängnis für Journalisten

Die Türkei gehört weltweit zu den repressivsten Staaten gegenüber kritischem Journalismus. Nach Angaben des in Amed ansässigen Journalistenvereins DFG befinden sich aktuell 74 Medienschaffende in türkischen Gefängnissen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RSF rangiert die Türkei auf Platz 149 von 180.