Revision verworfen: Opfer von Hubschrauber-Folter soll ins Gefängnis

Der als Opfer der „Hubschrauber-Folter“ bekannt gewordene Kurde Osman Şiban könnte jeden Moment verhaftet werden. Ein türkisches Gericht hat die Revision gegen seine Verurteilung über siebeneinhalb Jahre Haft verworfen.

Osman Şiban

Eine Berufungsinstanz im südtürkischen Adana hat die Revision gegen die Verurteilung des kurdischen Zivilisten Osman Şiban wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer „terroristischen Organisation“ - gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) - verworfen. Damit ist die Verteilung des 55-Jährigen rechtskräftig, die Strafe könnte jeden Moment vollstreckt werden.

Osman Şiban ist sowohl Zeuge als auch Opfer einer der schwersten Übergriffe der türkischen Armee auf die kurdische Zivilbevölkerung in den letzten Jahren. Zusammen mit dem 55-jährigen Servet Turgut wurde Şiban im September 2020 in der Nähe von Şax (tr. Çatak), einem Landkreis in der Provinz Wan (Van), während der Feldarbeit von Soldaten einer türkischen Operationseinheit festgenommen. Nach schwerer Folter wurden beide Männer aus einem Militärhubschrauber gestoßen. Dabei erlitten sie schwere Verletzungen.

Das Militär lieferte Turgut und Şiban in zwei verschiedenen Krankenhäusern der Provinz ab – dem medizinischen Personal wurde erklärt, es handele sich um „Terroristen“, die bei der versuchten Flucht aus einem Helikopter auf Felsen stürzten verletzt wurden. Şiban überlebte das Martyrium, bleibt jedoch für den Rest seines Lebens schwer gezeichnet. Servet Turgut verstarb nach zwanzig Tagen im Koma.

Folteropfer zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Doch statt die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, ging die türkische Justiz gegen Şiban vor. Im April 2023 wurde der Kurde von einem Strafgericht in Mersin zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde ihm unterstellt, „organische Verbindungen“ zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterhalten. Angeblich habe er seine Sommerresidenz Angehörigen der PKK-Guerilla zur Verfügung gestellt und sich als sogenannter Milizionär betätigt haben. Als Beweis für diese Behauptung wurde die Aussage eines vermeintlichen Zeugen verwiesen.

Keine Verfahrensfehler laut Berufungsgericht

Die 2. Strafkammer des regionalen Berufungsgerichts in Adana wies nun den Einspruch der Verteidigung gegen das Urteil aus Mersin zurück. Die Richter sahen „keine Unstimmigkeiten“ im erstinstanzlichen Urteil und erklärten, die Entscheidung beruhe auf einer „gefestigten Überzeugung“ auf Grundlage der vorgelegten Beweise.

Beschwerde beim Kassationshof eingereicht

Die Ablehnung der Berufung wurde unter anderem damit begründet, dass die Strafzumessung und die Bewertung der Beweise „sachlich begründet und rechtlich einwandfrei erfolgt“ seien. Şibans Verteidigung hat dagegen Beschwerde beim Kassationshof in Ankara eingelegt. Wann sich das oberste Berufungsgericht der Türkei mit dem Fall befassen wird, steht allerdings noch aus. Der Kassationshof prüft dabei jedoch nicht den Sachverhalt, sondern ausschließlich, ob das Gesetz richtig angewendet wurde. 

Zeichnung © Timur Çelik (1960-2025)  „Görgü Tanığı“ (dt. Zeuge)