Zahl der Inhaftierten nur leicht gesunken
Das Anfang Juni verabschiedete 10. Justizreformpaket sollte die überfüllten Gefängnisse in der Türkei spürbar entlasten. Doch einen Monat später zeigt sich: Die Zahl der Inhaftierten ist nur leicht gesunken – von 416.927 auf 410.135. Die angespannte Lage in den Haftanstalten bleibt damit nahezu unverändert.
Laut offiziellen Daten saßen Anfang Juli 352.082 Menschen eine Haftstrafe ab, weitere 58.053 befanden sich in Untersuchungshaft. Im Vergleich zum 2. Juni bedeutet das einen Rückgang um rund 6.800 Personen – bei über 400.000 Inhaftierten eine kaum spürbare Entlastung.
Politische Gefangene bleiben außen vor
Bereits im Vorfeld war kritisiert worden, dass das Reformpaket erneut keine Regelungen für politische oder schwer kranke Gefangene enthalte. Dabei hatten Menschenrechtsorganisationen gehofft, dass gerade diese Gruppen angesichts der chronischen Überbelegung berücksichtigt würden. Bereits während der Corona-Pandemie waren über 100.000 Gefangene vorzeitig entlassen worden – politische Gefangene jedoch ausdrücklich ausgenommen.
Überbelegung weiterhin massiv
Die aktuelle Belegungszahl liegt weit über der offiziellen Kapazität der Haftanstalten, die laut Justizministerium 299.881 Plätze umfasst. Daraus ergibt sich eine Überbelegungsquote von rund 36,8 Prozent. Trotz der Reform bleibt das türkische Strafvollzugssystem also massiv überlastet.
Verzögerte Entlassungen trotz verbüßter Strafe
Ein weiterer Grund für die stagnierende Entwicklung sind laut Fachleuten auch langwierige Verfahren zur vorzeitigen Haftentlassung. Selbst Gefangene, die ihre Strafe bereits vollständig verbüßt haben, werden weiter hinter Gittern gehalten – wegen vermeintlicher „Sicherheitsbedenken“.
Ausblick bleibt unklar
Ob weitere Reformschritte folgen oder lediglich punktuelle Anpassungen vorgenommen werden, ist derzeit offen. Regierungskreise erklärten, man wolle zunächst die Wirkung des aktuellen Pakets abwarten und anschließend über mögliche Ergänzungen entscheiden.