Naturparadies Heftborî durch geplanten Staudamm bedroht

In Şirnex soll ein groß angelegter Staudamm entstehen – mit Wasserkraftwerk, Abbauflächen und Betonwerken. Trotz weitreichender Eingriffe in Natur, Landwirtschaft und Wasserressourcen stuft das Umweltministerium das Projekt als unbedenklich ein.

Mega-Staudamm mit Wasserkraftwerk

In der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) soll am Fluss Hezil ein groß angelegter Staudamm entstehen. Das Projekt bei der Ortschaft Sêgirkê (Şenoba) unweit der irakischen Grenze im Kreis Qilaban (Uludere), umfasst neben dem eigentlichen Damm auch ein Wasserkraftwerk, Abbau- und Betonwerke sowie ein umfangreiches Bewässerungssystem. Trotz weitreichender Eingriffe in Natur und Landschaft sieht das türkische Umweltministerium keine Notwendigkeit für eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung.

Fehlende Bewertung der Umweltauswirkungen sorgt für Kritik

Das Ministerium für Umwelt, Stadtplanung und Klimawandel hat einen Bericht vorgelegt, demzufolge für das Projekt „Şenoba-Staudamm“ keine detaillierte Umweltprüfung (ÇED) erforderlich sei. Umweltgruppen und Anwohnendr zeigen sich alarmiert. Besonders kritisiert wird, dass der Bericht zentrale Auswirkungen auf Ökosysteme, Wasserressourcen und landwirtschaftliche Nutzflächen kaum berücksichtigt.

Der geplante Standort liegt in der Heftborî-Region, einem bei der Bevölkerung beliebten Naherholungsgebiet mit reicher Flora und Fauna. Das Gebiet ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch ökologisch bedeutend – und soll künftig unter Wasser gesetzt werden.

Staudamm als Teil eines Mega-Projekts

Nach Angaben der staatlichen Wasserbehörde (DSI) soll der Damm mit einem Fassungsvermögen von mehr als zehn Millionen Kubikmetern Wasser errichtet werden. Das Projekt umfasst neben dem Bau eines Wasserkraftwerks auch Kalk- und Tonabbaustellen, eine Brech-, Wasch- und Siebanlage sowie ein Werk für die Betonproduktion. Das Wasser soll bis in die landwirtschaftlich genutzte Ebene von Silopiya (Silopi) weitergeleitet werden.

Landwirtschaft und Viehzucht gefährdet

In der Region leben viele Familien von Landwirtschaft und Viehzucht. Nach derzeitigen Plänen werden sowohl Ackerflächen als auch Weidegebiete großflächig überflutet oder durch Baumaßnahmen beeinträchtigt. Auch das lokale Wasservorkommen – seit Jahrzehnten Grundlage für Trinkwasserversorgung und Bewässerung – ist laut Umweltschützer:innen in seiner Existenz bedroht. Die bislang durchgeführten Messungen zur Wasserqualität und -menge seien unzureichend und nicht repräsentativ, heißt es.

Private Grundstücke vor Enteignung

Ein Großteil des betroffenen Areals befindet sich in Privatbesitz. Um das Projekt durchzuführen, wollen die Behörden ein Enteignungsverfahren einleiten Wie dieses konkret ablaufen wird und welche Entschädigungen vorgesehen sind, bleibt offen. Kritiker:innen weisen darauf hin, dass bereits frühere Infrastrukturprojekte in der Region zu Zwangsumsiedlungen und soziale Belastungen geführt haben.

Ökologische und kulturelle Risiken

Besonders problematisch sei auch, dass sich in unmittelbarer Nähe des Projektgebiets Schutzgebiete, Kulturstätten und hochwertige Agrarflächen befinden, die durch die Maßnahmen gefährdet werden. Laut Fachleuten droht der Verlust einer Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten sowie ganzer Lebensräume. Das ökologische Gleichgewicht der Region könnte dauerhaft geschädigt werden.

Umweltschützer:innen schlagen Alarm

Die Ökologieplattform Şirnex warnt eindringlich vor den langfristigen Folgen: „Heftborî zählt zu den letzten intakten Wasserlandschaften der Region. Neben seiner Bedeutung für Flora, Fauna und das lokale Klima ist das Gebiet auch touristisch wichtig. Mit dem Damm verlieren wir nicht nur einen einzigartigen Naturraum, sondern riskieren das Aussterben vieler Arten.“

Die Organisation kritisiert zudem den geplanten Einsatz von Sprengstoffen, die Rodung tausender Bäume und die damit einhergehende Belastung der Luftqualität. Die Region, so die Warnung, könnte unwiederbringlich zerstört werden – mit gravierenden ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen.