Erdbebenserie erschüttert Hafenstadt Gemlik

Eine Erdbebenserie hat die westtürkische Provinz Bursa erschüttert – das Zentrum lag bei der Hafenstadt Gemlik, von der aus Schiffe nach Imrali verkehren. Ein Seismologe warnt vor einem erhöhtem Risiko für die gesamte Marmararegion.

Seismologe warnt vor erhöhtem Risiko für Marmararegion

Innerhalb weniger Stunden hat eine Serie von Erdbeben die westtürkische Provinz Bursa erschüttert. Die stärkste Erschütterung erreichte eine Magnitude von 4,2 und war nicht nur in der Region, sondern auch in Istanbul, Yalova und weiteren umliegenden Städten deutlich spürbar. Während die Behörden bislang keine Schäden melden, warnen Fachleute vor der wachsenden seismischen Gefahr in der Marmararegion.

Zentrum in Hafenstadt Gemlik

Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD bei der Hafenstadt Gemlik, von der aus Schiffe zur Gefängnisinsel Imrali verkehren, auf der Abdullah Öcalan seit 1999 in politischer Geiselhaft festgehalten wird. Um 12:57 Uhr Ortszeit registrierte AFAD ein Beben der Stärke 4,2 in rund zehn Kilometern Tiefe. Bereits zuvor war um 11:47 Uhr ein Erdbeben mit der Stärke 3,9 aufgezeichnet worden. Nur Minuten nach dem Hauptbeben folgte um 13:00 Uhr eine dritte Erschütterung mit einer Magnitude von 3,0.

Keine Schäden gemeldet, doch Besorgnis wächst

Das Gouverneursamt von Bursa teilte mit, dass bislang keine Verletzten oder Sachschäden gemeldet wurden. Auch Gesundheitsminister Kemal Memişoğlu erklärte: „Nach aktuellem Stand liegen unserem Ministerium keine Berichte über negative Auswirkungen vor.“

Trotzdem ruft die Erdbebenserie Sorgen hervor. Die Region liegt auf einem aktiven Teil des Nordanatolischen Grabens – einer der bedeutendsten und gefährlichsten Verwerfungssysteme weltweit.

Experte warnt vor größerem Beben

Der Geologe und Erdbebenforscher Prof. Dr. Süleyman Pampal bezeichnete die aktuellen Beben gegenüber der Zeitung „Duvar“ als potenziellen Vorboten größerer Erschütterungen. „Gemlik liegt auf dem südlichen Zweig der Nordanatolischen Verwerfung, der in der Vergangenheit mehrfach schwere Erdbeben verursacht hat – zuletzt 1964 mit einer Stärke von 6,7“, sagte Pampal. Historische Beben wie jenes von 1065, bei dem große Teile von Iznik unter Wasser gerieten, zeigten das Potenzial der Region.

„Die jüngsten Beben haben sich unmittelbar an einem Abschnitt ereignet, der laut geologischen Daten seit Jahrhunderten nicht mehr gebrochen ist – genau dort, wo ein Erdbeben der Stärke 7 bis 7,5 möglich wäre“, erklärte Pampal. Es sei daher „nicht ausgeschlossen“, dass größere Spannungen im Untergrund kurz vor der Entladung stehen.

Marmara-Gesamtrisiko im Blick

Pampal mahnte, die gesamte Marmararegion im Blick zu behalten: „Wer über Istanbul spricht, muss Marmara mitdenken. Diese kleineren Beben sind nicht zerstörerisch, aber sie sind ernstzunehmende Warnzeichen.“ Auch Yalova, Iznik und andere Städte seien stark gefährdet, sollten größere Bruchlinien entlang des südlichen Grabens aktiv werden.

Warum das Beben so deutlich zu spüren war

Die ungewöhnlich starke Wahrnehmbarkeit der Beben – sogar in über 100 Kilometern Entfernung – führt der Experte auf die geringe Tiefe der Erschütterungen und die geologische Struktur der Region zurück. „Die Erdkruste ist hier nur rund acht Kilometer dick. Ein Beben in fünf bis zehn Kilometern Tiefe breitet sich daher stärker an der Oberfläche aus“, so Pampal.