Bergbau in Hesandîn: Bevölkerung und Umweltgruppen fordern Projektstopp

In Pasûr bei Amed geht der Widerstand gegen ein umstrittenes Bergbauprojekt auf der Hesandîn-Hochebene weiter. Umweltverbände, Jurist:innen, Politiker:innen und lokale Initiativen verlangen den sofortigen Stopp der Arbeiten.

„Kein Bergbau auf unserer Hochebene“

In der kurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakır) dauert der Protest gegen ein geplantes Bergbauprojekt im Gebiet der Hesandîn-Hochebene bei Pasûr (Kulp) an. Auf Initiative der Plattform zur Verteidigung von Hesandîn und des Istanbuler Vereins KULP-DER versammelten sich am Sonntag Dutzende Menschen zu einer gemeinsamen Erklärung. Die Kritik: Die geplanten Arbeiten basieren auf einem 17 Jahre alten Umweltgutachten – und gefährden Natur, Dörfer und Lebensgrundlagen.

Gutachten von 2007 kann keine Grundlage sein

An der Protestveranstaltung beteiligten sich unter anderem Vertreter:innen von Umweltinitiativen, politischen Parteien, Berufsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Ahmet Inan, Vorsitzender der Kommission für Umweltrecht der Anwaltskammer Diyarbakır, wies auf die zentrale Rechtswidrigkeit des Vorhabens hin: Die sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung (ÇED-Bericht), auf die sich das Unternehmen stütze, stamme aus dem Jahr 2007 – sei damit veraltet und rechtlich nicht mehr bindend. Dennoch sei versucht worden, das Projekt erneut zu starten.

Wildpferde in Hesandîn am Rande der Kundgebung © MA

„Wenn es kein gültiges Gutachten gibt, wie sollen dann die Koordinaten des Projekts bestimmt, seine ökologischen Auswirkungen bewertet oder die technische Umsetzung geplant werden?“, fragte Inan. Die Rechtsanwält:innen hätten bereits Klage beim Verwaltungsgericht Diyarbakır eingereicht. Zudem sei eine Strafanzeige gegen die zuständigen Behörden – darunter das Provinzdirektorat für Umwelt und Stadtplanung – gestellt worden.

Kampf gegen Raubbau

Inan kündigte entschlossenen Widerstand an: „Wenn das Gericht die Arbeiten nicht stoppt, wird die Bevölkerung es tun. Wir werden mit Widerstand und Solidarität gegen diesen Raubbau vorgehen. Niemand soll sich der Illusion hingeben, hier einfach loslegen zu können.“

Auch Iflahattin Aslanhan, Vorsitzender von KULP-DER, rief zur Mobilisierung auf: „Wenn wir hier nicht wachsam sind, kommen die Bagger und reißen alles nieder. Wir müssen in Schichten Wache halten – sonst wird unsere Natur zerstört.“

Kritik auch aus der Politik

Der CHP-Abgeordneter Sezgin Tanrıkulu zeigte sich vor Ort solidarisch mit den Protesten und kritisierte die Praxis der Bergbauunternehmen scharf: „Ziel ist nicht wirtschaftliche Entwicklung, sondern Ausbeutung.“ Das Vorhaben betreffe nicht nur sechs bis zehn Dörfer in unmittelbarer Umgebung, sondern habe Auswirkungen bis ins städtische Zentrum. Tanrıkulu forderte ein rechtsstaatliches Verfahren mit echter Mitbestimmung: „Solche Projekte müssen zuerst mit der Kommune, dann mit den Menschen und Organisationen vor Ort diskutiert werden.“

Kein Einverständnis, keine Legitimität

Die DEM-Politikerin Fatma Ay, Ko-Bürgermeisterin von Pasûr, beklagte, dass die Dorfgemeinschaft weder informiert noch einbezogen worden sei: „Schon der Bau eines Staudamms 2019 hat viele Menschen aus der Region zur Flucht gezwungen – jetzt droht erneut Vertreibung durch den Bergbau.“ Sie rief die Bevölkerung und alle zivilgesellschaftlichen Kräfte dazu auf, sich gegen die Pläne zu stellen: „Wir wollen keine zweite Vertreibung. Unser Dorf soll leben – nicht zerstört werden.“