Die Region Hesandin im kurdischen Landkreis Pasûr (tr. Kulp), die in der Vergangenheit durch Proteste gegen Bergbauprojekte in den Schlagzeilen stand, ist erneut Schauplatz massiver Umweltzerstörung. Diesmal jedoch nicht durch Minengesellschaften, sondern durch den Bau einer neuen Militärstraße, die zu einem geplanten Stützpunkt der türkischen Armee führen soll. Die örtliche Bevölkerung protestiert gegen das Vorhaben und fordert den sofortigen Baustopp.
Seit rund zwei Wochen wird in dem abgelegenen Gebiet ein neuer Straßenabschnitt angelegt. Die betroffenen Anwohner:innen gingen zunächst davon aus, dass es sich um eine Zufahrtsstraße für weitere geplante Bergbauaktivitäten handelt – bis sie bei einem Ortstermin erfuhren, dass die Straße für den Bau einer neuen militärischen Einrichtung gedacht ist. Dies wurde ihnen laut eigenen Angaben von anwesenden Soldaten vor Ort bestätigt.

„Wir wollen keine neue Militärbasis in unserer Region“
Gemeinsam mit Vertreter:innen der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), der Anwaltskammer Amed (Diyarbakır), der Juristenvereinigung ÖHD sowie lokalen Umweltschutzorganisationen begab sich eine Delegation am Sonntag in das Gebiet, um die Lage zu dokumentieren. Vor Ort bot sich ein Bild der Verwüstung: ausgerissene Bäume, Erdbewegungen und erste Bauarbeiten entlang der geplanten Trasse.
Der neue Weg soll nach Angaben von Behörden zur geplanten Militärbasis im Bereich Darmori führen – eine Region, die bislang keine ständige Militärpräsenz aufwies. Die Entscheidung, inmitten eines politischen Dialogprozesses weitere Militärinfrastruktur zu errichten, sorgt in der Region für Empörung.
„Gerade in einer Phase, in der von Lösungsansätzen die Rede ist, wird in unserem Tal ein neuer Stützpunkt errichtet – das widerspricht jedem Versöhnungsgedanken“, erklärte ein Bewohner gegenüber der Delegation.

Bevölkerung kündigt weiteren Widerstand an
Die Auseinandersetzung blieb bislang friedlich, jedoch machten die Anwohner:innen in Gesprächen mit dem zuständigen Kommandanten deutlich, dass sie bei Fortsetzung der Bauarbeiten mit verstärktem zivilgesellschaftlichem Widerstand reagieren würden. Die Bürger:innen haben inzwischen das Gebiet mit der Ankündigung verlassen, ihre Proteste weiter zu intensivieren. „Wir werden die Natur und unser Land gegen jede Form von Zerstörung verteidigen – sei es durch Minenfirmen oder Militärprojekte“, erklärten Mitglieder der Initiative aus Hesandin.
Militarisierung und Umweltkonflikte in Kurdistan
Der im Nordosten der Provinz Amed gelegene Landkreis Pasûr ist wie viele Teile Nordkurdistans seit Jahrzehnten von Militäroperationen und ökologischer Ausbeutung betroffen. Der Aufbau von Militärposten, Staudämmen, Bergwerken oder Sicherheitszonen wird häufig ohne Mitsprache der lokalen Bevölkerung durchgeführt. Immer wieder kommt es dabei zu Zwangsumsiedlungen, Umweltzerstörung und dem Verlust traditioneller Lebensgrundlagen. Menschenrechtsorganisationen und Umweltinitiativen fordern seit Langem ein Ende dieser Praxis und einen respektvollen Umgang mit der angestammten Bevölkerung und der Natur.