Widerstand gegen Staudammprojekt in Amed

Das seit der Antike besiedelte Gebiet Geliyê Godernê in Amed wird für ein Staudammprojekt entvölkert, fünfzig Dörfer sollen überflutet werden. Die kurdische Bevölkerung wehrt sich gegen Vertreibung und Militärgewalt.

„Sie kommen mit Soldaten und rauben unser Land“

Das Gebiet Geliyê Godernê in der nordkurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakir) wird aufgrund eines Staudammprojekts dem Erdboden gleichgemacht. Das Tal liegt an der Schnittstelle der Landkreise Farqîn-Pasûr-Hezro (Silvan, Kulp, Hazro) und ist ein Naturgebiet mit einem reichen Ökosystem und einer bis in die Antike zurückreichenden Vergangenheit. Die während der Herrschaft von Abdulhamid II gebaute Taşköprü-Brücke wurde kürzlich gesprengt und soll zusammen mit fünfzig Dörfern überflutet werden.

Qokan und Kerika sind zwei dieser Dörfer. Die Bevölkerung will bleiben, aber bereits jetzt sind Felder überflutet. Maşallah Karaman spricht von Landraub und beschreibt die Situation in seinem Dorf so: „Sie kommen mit Soldaten in unser Dorf und rauben unser Land mit militärischer Gewalt. Wir wollen das Dorf nicht verlassen, wir wollen auf unserem Land bleiben. Der Staat beschlagnahmt Tausende Hektar unseres Bodens und opfert sie dem Staudamm. Sie lassen keine Blumen und keinen Baum stehen, die gesamte Natur wird zerstört. Sie dringen mit Soldaten und Baggern auf meinem Land ein. Auf diesen Äckern haben meine Kinder und ich jahrelang geschuftet. Da es hier keine Arbeit gibt, gehen meine Kinder auf Baustellen in den westlichen Provinzen arbeiten und ruinieren ihre Gesundheit. Warum müssen unsere Kinder ihre Arbeitskraft im Westen vergeuden, wenn wir hier Land haben? Ich werde mein Dorf nicht verlassen. Sie wollen, dass wir unser Land verlassen und weggehen. Wir werden nirgendwo hingehen, wir werden unser Land trotz ihnen weiter bewirtschaften. Sie sind keine menschlichen Wesen und wissen nicht, was Ehre und Menschenwürde bedeutet.“


Arzu Karaman, die ebenfalls in dem Dorf lebt, sagte: „Dieser Damm zerstört alles, die Bäume, die Tiere und die Geschichte. Wir wehren uns seit vielen Jahren dagegen, aber niemand hört uns. Niemand kümmert sich um den Widerstand der Bevölkerung, niemand hört auf die Stimme dieses Volkes. Neulich brachten sie ein Bataillon Soldaten auf unser Land. Wir haben protestiert und argumentiert, aber die Soldaten haben uns geschubst und beschimpft. Wir haben Videoaufnahmen gemacht, die sie gewaltsam von unseren Handys gelöscht haben. Was muss passieren, damit jemand auf so etwas reagiert? Die Soldaten des Staates kommen hierher und bedrohen unsere Mütter. Vom Baggerfahrer bis zum LKW-Fahrer, keiner von ihnen schämt sich, keiner von ihnen fragt sich, was er hier eigentlich macht. Sie alle sind Kurden, sie alle sind in diesem Land geboren und aufgewachsen. Es ist eine Schande, eine Sünde. Wie können sie ihre Ehre verleugnen? Wenn wir reagieren, sagen sie: Wir sind auch Kurden. Ihr seid doch gar keine Kurden. Ein Kurde massakriert sein Land nicht. Die Mütter aus unserem Dorf bewachen das Land. Jedes Mal kommen Soldaten und vertreiben sie. Sie beleidigen unsere Mütter. Wie können wir dabei zusehen? Es müsste einen Aufschrei geben, aber sie haben Soldaten hierher geschickt, damit wir unsere Stimme nicht erheben. Sie wollen uns einschüchtern und haben unser Land komplett geplündert. Wir wollen, dass dieses Massaker aufhört. Unser Volk darf das niemals zulassen. Niemand sollte sein Land für Geld verkaufen. Lasst uns unser Land und unsere Natur schützen, wir dürfen unser Land und unsere Natur nicht aufgeben."