„Demokratie statt Repression“
Der Ko-Vorsitzende der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), Tuncer Bakırhan, hat bei einer Veranstaltung im westtürkischen Bodrum zu einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Demokratisierungsprozess aufgerufen und die aktuelle politische Repression scharf kritisiert.
Bei dem Treffen mit dem Titel „Begegnung für Frieden und Demokratische Gesellschaft“, an dem auch Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und anderer Parteien teilnahmen, warnte Bakırhan vor der Gefahr eines autoritären Rückfalls. Die aktuelle politische Entwicklung widerspreche dem Geist eines möglichen Friedensprozesses und verhindere eine notwendige gesellschaftliche Öffnung.
Kritik an Repression und Ausgrenzung
„Hätten wir rechtzeitig auf demokratische Lösungen gesetzt, würden heute unsere Ressourcen nicht in Repression und Sicherheitsstrukturen fließen, sondern den Bedürftigen und Arbeitenden zugutekommen“, sagte Bakırhan. Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes seien untrennbar mit dem ungelösten Konflikt um die kurdische Frage verbunden. „Solange die Konflikte andauern, werden Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt untergraben.“
Mit Blick auf die jüngsten Operationen gegen die CHP erklärte Bakırhan: „Wer in einer solchen Phase demokratische Kräfte mit Repression belegt, gefährdet den gesamten Prozess.“ Eine gesellschaftliche Aussöhnung sei nur möglich, wenn Meinungsfreiheit und politische Partizipation nicht eingeschränkt, sondern gestärkt würden. „Man kann keinen Dialog führen, während man gleichzeitig das Feld der Opposition durch Festnahmen und Einschüchterung verengt.“
Aufruf zu gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Bakırhan betonte, der Aufbau eines demokratischen Miteinanders sei nicht allein Sache der Kurd:innen oder der DEM. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Verantwortung für Frieden zu übernehmen und antidemokratische Tendenzen zurückzudrängen.“ Er kündigte an, seine Partei werde auch weiterhin auf Dialog setzen – aber auch auf Widerstand gegen Unrecht: „Wir gehören zur Tradition des demokratischen Kampfes. Wenn unseren Verbündeten Unrecht geschieht, stehen wir an ihrer Seite.“
Bakırhan forderte ein neues gesellschaftliches Klima: „Die Sprache der Konfrontation verkennt die Tiefe des historischen Moments, in dem wir stehen. Wir haben die Chance auf einen echten Wandel – und es ist an der Zeit, ihn gemeinsam zu gestalten.“
Abschließend bedankte sich der Politiker ausdrücklich bei Abdullah Öcalan für dessen Friedensappell und sprach von einer historischen Chance: „In keinem Land der Welt wurde am Anfang eines Friedensprozesses sofort entwaffnet. Der politische Wille, den Öcalan zeigt, ist ein Ausdruck großer Verantwortung. Jetzt liegt es an allen demokratischen Kräften, diesen Moment nicht verstreichen zu lassen.“
Kritik aus DEM-Zentrale
Zuvor hatte die Parteizentrale der DEM das jüngste Vorgehen gegen die CHP kritisiert. Am Freitagmorgen waren unter anderem die Bürgermeister Zeydan Karalar (Adana), Muhittin Böcek (Antalya) und Abdurrahman Tutdere (Semsûr/Adıyaman) unter vermeintlichem Korruptionsverdacht festgenommen worden. In einer Erklärung sprach die Parteispitze der DEM von einer gezielten „Instrumentalisierung der Justiz“ zur Schwächung der Opposition.
„Die systematische Einschränkung des demokratischen Raumes, die Missachtung des Wahlrechts und der politischen Teilhabe zielen direkt auf die Hoffnung auf gesellschaftlichen Frieden und eine demokratische Lösung der kurdischen Frage“, heißt es in der Stellungnahme. Die DEM-Partei rief zu einem gemeinsamen Widerstand gegen „jede Form von Willkür und Entmündigung“ auf.