Workshop zu Demokratischer Nation abgehalten
An der Universität von Kobanê ist im Rahmen eines ganztägigen Workshops zur „Philosophie der Demokratischen Nation“ feierlich die neue Fakultät für Sozialwissenschaften eröffnet worden. An der Veranstaltung nahmen Hunderte Studierende, Bildungskräfte, Mitglieder des Universitätsrats sowie Vertreter:innen gesellschaftlicher Institutionen teil.
Die Eröffnung markiert nach Angaben der Universitätsleitung einen wichtigen Meilenstein im Aufbau einer Bildungsstruktur, die auf der politischen Philosophie von Abdullah Öcalan basiert. Die Fakultät soll ein Zentrum für kritische Gesellschaftsanalyse und kulturelle Selbstvergewisserung innerhalb der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) werden.
Bildung im Dienst einer alternativen Gesellschaftsordnung
In seiner Rede betonte Abdulkerîm Elûş, Ko-Vorsitzender des Universitätsrats, die politische Dimension der Fakultät: „Die kurdische Gesellschaft trägt heute eine historische Verantwortung. Mit der Eröffnung der Fakultät setzen wir die Philosophie der Demokratischen Nation als Bildungsauftrag um.“ Die Idee sei, Bildung nicht im Sinne technokratischer oder bürokratischer Wissensvermittlung zu betreiben, sondern als Prozess gesellschaftlicher Befreiung.
Narîn Temo
Die Historikerin Narîn Temo verwies auf die Bedeutung von Geschichtsbewusstsein für kollektive Identität. „Die Fähigkeit, sich als Gesellschaft zu definieren, beginnt mit der Kenntnis der eigenen Geschichte. Mit dieser Überzeugung eröffnen wir diese Fakultät“, so Temo.
Auch Şervan Mislim, Ko-Rektor der Universität, unterstrich in einem Seminarbeitrag die Rolle von Bildung in der Anerkennung kurdischer Identität und die Notwendigkeit, einer gewaltgeprägten Vergangenheit durch die Stärkung einer freien Frauenpersönlichkeit zu begegnen. Die Vision eines „freien gesellschaftlichen Lebens“ könne nur durch die Umsetzung des Paradigmas der demokratischen Moderne gelingen.
Lehrprogramm mit Fokus auf Geschichte, Gesellschaft und Befreiung
Im Rahmen der Veranstaltung stellten die Lehrkräfte Ridvan Mihemed Elî und Firyaz Berkel das Studienprogramm der Fakultät vor. Es soll ein breit gefächertes Angebot bieten, das kurdische Geschichte, Gesellschaftsstrukturen, politische Bildung und alternative Wissenschaftsansätze miteinander verknüpft.
Am Ende des Workshops wurde die Fakultät offiziell eröffnet.
Öcalans Einfluss auf eine alternative Bildung
Die Gründung der Fakultät steht auch im Kontext jüngster Äußerungen von Abdullah Öcalan, dem inhaftierten Vordenker der kurdischen Bewegung. Laut dem DEM-Abgeordnetem Ömer Öcalan, der seinen Onkel Anfang Juni anlässlich des islamischen Opferfestes im türkischen Inselgefängnis Imrali besucht hatte, habe Abdullah Öcalan der Universität seine Grüße übermitteln lassen. Er sehe in der Hochschule einen „Grundpfeiler für die Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Demokratie“.
Universität solle laut Öcalan als Ort für intellektuelle Erneuerung und als Gegenmodell zu kapitalistischer Moderne und konventioneller Wissenschaft begriffen werden. In der Hochschule von Kobanê sehe der kurdische Repräsentant das Potenzial, eine neue akademische Praxis zu entwickeln, die gesellschaftsorientiert, basisnah und emanzipatorisch sei.