Der Journalist Qahraman Shukri (ku. Schreibweise: Qehreman Şukrî) ist offenbar in Abwesenheit seines Rechtsbeistands zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das machten Familienangehörige des 24-Jährigen publik. Gegenüber der in Südkurdistan (Kurdistan-Region Irak) ansässigen Nachrichtenagentur RojNews äußerte Zerevan Shukri, sein im Zirka-Gefängnis in Dihok inhaftierter Bruder habe ihm in einem Telefonat von der Verurteilung durch ein Gericht in dem PDK-kontrollierten Gouvernement berichtet. Auf welcher Grundlage Shukri schuldig gesprochen wurde und welche Vorwürfe gegen ihn erhoben worden sind, wisse der Journalist selbst nicht. Weder sei sein Verteidiger über den Gerichtstermin am vergangenen Donnerstag informiert worden noch die Familie.
Nicht das erste Mal im Gefängnis
Qahraman Shukri, der unter anderem für RojNews arbeitete, war Ende Januar in Şîladizê (Shiladze) östlich von Amêdî festgenommen und verschleppt worden. Bei der Razzia einer maskierten Spezialeinheit der PDK wurde die Wohnung verwüstet und Familienmitglieder beleidigt. Erst seit kurzem ist bekannt, dass Shukri im Zirka-Gefängnis festgehalten wird. Monatelang verweigerten die Behörden Informationen über seinen Aufenthaltsort und den Grund der Festsetzung. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass Shukri, ein Sohn des bekannten Journalisten Shukri Zaynadin, der Ende 2016 Opfer eines Mordes „unbekannter Täter“ wurde, im Gefängnis ist.
Verhaftungsgrund Kritik an Regierung?
Erst im Oktober vergangenen Jahres war Shukri nach mehrmonatiger Haft auf Kaution entlassen worden. Die Sicherheitsbehörden warfen ihm damals vor, an der Organisation von Protesten gegen die Angriffe der türkischen Armee in Südkurdistan beteiligt gewesen zu sein. Im Juni 2020 hatte Shukri beim kurdischen Fernsehsender Stêrk TV von einem türkischen Luftangriff im Dorf Sîda bei Şîladizê berichtet, bei dem vier Menschen getötet wurden. Shukri hatte das Massaker vom Tatort aus live kommentiert und erwähnt, dass Proteste in der Region geplant seien. Außerdem kritisierte er die passive Haltung der südkurdischen Regierung angesichts der tödlichen Luftangriffe. Anfang 2019 war Shukri bei der Dokumentation des Aufstands von Şîladizê gegen das türkische Militär festgenommen und 22 Tage festgehalten worden.
Zerstörung der südkurdischen Medienlandschaft
In Südkurdistan ist es nicht gut bestellt um die Pressefreiheit. Journalistinnen und Journalisten arbeiten in einem stark politisierten Umfeld, in dem Medien vor allem als Instrumente im politischen Wettstreit gelten. Das Metro Center mit Sitz in Silêmanî führt die Repression gegen kritische Medienschaffende und die fehlende Pressefreiheit in Südkurdistan auf die extreme Intoleranz der regierenden PDK gegenüber Dissens zurück. Der Organisation zufolge, die sich für die Rechte von verfolgten und drangsalierten Journalist:innen einsetzt, gab es im Jahr 2020 mindestens 385 Übergriffe gegen 291 Medienschaffende und Agenturen sowie Zeitungen, darunter körperliche Angriffe, Verhaftungen, Büroschließungen und offensichtlich unbegründete beziehungsweise mutwillig oder schikanöse Klagen. Nicht nur das Metro-Center sowie weitere lokale Organisationen, sondern auch Initiativen im Ausland zeigen sich schon länger alarmiert über die Lage der Pressefreiheit in Südkurdistan, darunter Reporter ohne Grenzen (RSF). Vor allem seit dem Amtsantritt von Premierminister Barzani im Juli 2019 sei die Situation für kritische Medienschaffende besonders dramatisch.
Aktuell fünf verurteilte Journalisten in Haft
Mit Stand von heute (26. Juni 2021) befinden sich fünf verurteilte Journalisten in der kurdischen Autonomieregion hinter Gittern. Bei den kritischen Stimmen, die zum Schweigen gebracht werden sollen, handelt es sich um Qahraman Shukri, Omed Baroshki, Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari und Ayaz Karam. Mehr als fünfzig Pressevertreter:innen und Aktivist:innen, die vor gut einem Jahr im Zuge der Antiregierungsproteste im Großraum Dihok, vor allem in der Behdînan-Region festgenommen worden waren, befinden sich noch immer ohne Anklage in Untersuchungshaft.