Vor einem Gericht in der südkurdischen Kleinstadt Dêrelûk (Deralok, Gouvernement Dihok) beginnt kommende Woche der Prozess gegen sieben Aktivisten, die sich am Aufstand von Şîladizê (Shiladze) beteiligt haben sollen. Der Aufstand folgte Anfang des Jahres auf den Tod von vier Zivilisten bei türkischen Luftangriffen. Etliche Menschen stürmten als Reaktion die türkische Militärbasis Sire in der nahegelegenen Gemeinde Şîladizê und setzten Fahrzeuge, Munitionslager und Rüstungsgut in Brand, unter anderem auch deutsches Militärgerät. Die zunächst geflüchteten Soldaten des Stützpunkts schossen daraufhin in die Menschenmenge. Ein Familienvater und ein 13-jähriger Demonstrant wurden getötet, sechs weitere Personen wurden durch den Beschuss teils schwer verletzt.
Brennendes Rüstungsfahrzeug aus deutscher Produktion, Sire, 26. Januar 2019
Es folgte eine breit angelegte Operation, in deren Verlauf knapp achtzig Menschen von Sicherheitskräften der regierenden PDK festgenommen wurden, darunter auch Journalisten und Politiker. Die meisten Betroffenen sind nach teilweise mehreren Wochen in Gewahrsam gegen die Zahlung einer Kaution freigekommen. Sieben inhaftierte Aktivisten jedoch müssen sich ab Mittwoch (3. Juli) wegen „Spionage“, „Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Kollaboration mit fremden Staaten gegen das Volk“ verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihnen langjährige Haftstrafen. Die Aktivisten wurden nach den 1969 vom Baath-Regime eingeführten Paragraphen 111 und 156 angeklagt und könnten nach irakischem Recht mit dem Tod bestraft werden. Allerdings hat das Parlament der Region Kurdistan 2003 die Todesstrafe aufgehoben. Stattdessen kann eine lebenslange Haftstrafe verhängt werden.
Neçirvan Barzanî, Präsident der Föderalen Region Kurdistan (KRG), rechtfertigte noch am Tag des Aufstands Angriffe der Türkei auf die südkurdische Zivilbevölkerung. Ungeachtet der Tatsache, dass die Guerilla in der von den Luftangriffen betroffenen Region nicht präsent ist, sei es die Anwesenheit der PKK, die den Tod von Zivilisten zu verantworten hätte, sagte Barzanî. „Die offizielle KRG-Politik besagt, dass wir nicht akzeptieren, dass unser Land die Sicherheit unserer Nachbarn bedroht“. Der „Vorfall“ in Şîladizê habe sich ereignet, weil die Türkei „verärgert“ wurde. Die Zivilbevölkerung sei angewiesen worden, Gebiete, in denen das türkische Militär präsent ist, nicht zu betreten. Es sei nur natürlich, dass „Probleme“ auftreten, wenn einige Personen die Anweisungen nicht einhielten. Die „Randalierer” und solche, die hinter ihnen stünden, werde man „bestrafen”, sagte der KRG-Präsident im Januar.