PKK Beschlüsse keine Kapitulation
Der 12. Kongress der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) fand vom 5. bis 7. Mai in den Medya-Verteidigungsgebieten statt. Wenige Tage später wurden die gefassten Beschlüsse veröffentlicht, die die Auflösung der PKK und das Ende des bewaffneten Kampfes enthielten. Die Partei folgte hiermit dem „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ des seit 1999 in Isolationshaft gefangenen kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan vom 27. Februar. Die Delegierten Sorxwîn Avesta und Ibrahim Urfa teilten auf dem Kongress ihre Einschätzungen zum Guerillakampf.
Massen-Beitritt als Antwort auf die Inhaftierung Öcalans
Die Guerillakommandantin Sorxwîn Avesta betonte eingangs, dass viele Militante, ebenso wie sie selbst, nach der Gefangennahme Abdullah Öcalans 1999 der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beigetreten seien und bewertete dies als Massen-Reaktion auf dessen Inhaftierung. Die vorrangige Forderung nach der Freilassung des kurdischen Vordenkers könne vom türkischen Staat nicht weiter ignoriert oder durch die Übermittlung von Bildern und Botschaften ersetzt werden.
Keine Kapitulation
Avesta griff die Reaktion türkischer Soldaten auf den historischen Friedensaufruf Abdullah Öcalans vom 27. Februar auf und beschrieb, dass diese die Botschaft in die Tunnel riefen und die Guerilla aufforderten, sich zu ergeben. Sie stellte klar: „Aber der Feind versteht unsere Realität nicht wirklich. Er kennt die Wahrheit über die PKK und ihre Kämpfer:innen nicht. Auch wenn wir keinen direkten Kontakt zu unseren Genoss:innen oder der Organisation haben, so haben wir doch ein starkes Gefühl dafür, welche Entscheidungen die Organisation treffen könnte, welche Diskussionen sie führen könnte und was sie von uns verlangen würde.
Das Gleiche gilt für unseren Vorsitzenden Öcalan. Ich habe nie mit ihm zusammengelebt, aber ich weiß, was er über uns denken würde, was er sagen würde, welche Entscheidungen er treffen oder ablehnen würde.“ Sie unterstrich ihre Ausführung, indem sie einen Abschnitt aus einem Brief verlas, den Kämpfer:innen aus einem Tunnel der Guerilla Stellung Şehîd Yunus im Widerstandsgebiet Girê Cûdî schrieben, nachdem der Feind sie anhaltend zur Kapitulation aufgefordert habe. Die Kämpfer:innen sind laut Avesta kurze Zeit später in Besê und Mîtra gefallen.
„Wir werden jede Verantwortung erfüllen“
Ein Teil des Briefes habe sich direkt an den Feind gerichtet und sei ihm via Funk sogar direkt übermittelt worden: „Ihr kommt jeden Tag und fordert uns auf, uns zu ergeben. Ihr bedroht uns mit Unterwerfung und Tod. Ihr begeht Kriegsverbrechen mit allen euch zur Verfügung stehenden Mitteln. Unsere einzige Antwort ist, auf Widerstand gegen die Kapitulation zu bestehen. Wir sind Freiheitskämpfer:innen, die gegen diesen ungerechten Krieg kämpfen, ihr aber seid seine Opfer.“
Mit dieser Botschaft sei nicht nur die Haltung der Verfasser:innen gegenüber dem Feind klar zum Ausdruck gebracht worden, sondern die aller Kämpfer:innen. Mit folgenden Worten schloss die Guerillakommandantin ihre Rede: „In ihrem Gedenken und mit ihrem Beispiel werden wir den Kampf verstärken und jede Verantwortung erfüllen, die uns in diesem Prozess auferlegt wird, und unseren Widerstand gegen die schmutzigen Spiele des türkischen Staates verstärken.“
Militärische Stärke und Taktik der Guerilla
Auch Ibrahim Urfa war für den PKK-Kongress delegiert und richtete sich in einer Ansprache an die Versammlung. Urfa thematisierte vor allem die Bedeutung der militärischen Stärke sowie der Art der Kriegsführung der Guerilla für das Zustandekommen des aktuellen Prozesses in der Türkei. Der bewaffnete Kampf habe eine Vielzahl an Errungenschaften bewirkt. Da es dem türkischen Staat nicht gelungen sei, die Guerilla zu vernichten, habe er nun den Weg eingeschlagen, auf Abdullah Öcalan zuzugehen.
Urfa nannte verschiedene Beispiele von staatlicher und nicht-staatlicher Kriegsführung, die entweder erfolglos oder mit einer unermesslichen Zahl von Verlusten endeten und schloss im Vergleich: „Wir sind in der Lage, unseren Kampf mit großer Kraft zu führen. Einige der technischen Möglichkeiten, über die wir verfügen, besitzen nicht einmal einige Staaten. Ein solches Niveau haben wir erreicht. Es gibt keinen Grund, diesen Prozess zu verzerren.“
„Abdullah Öcalan muss freigelassen werden“
Zum Abschluss stellte Urfa unmissverständlich klar, dass die Freiheit von Abdullah Öcalan die zwingende Grundlage für jeden weiteren Schritt sei: „Solange unser Vorsitzender Öcalan nicht frei ist, werden wir keinen einzigen Schritt tun. Darüber sind wir uns im Klaren. [...] Wir reden nicht über verbesserte Sicherheits- oder Arbeitsbedingungen. Abdullah Öcalan muss freigelassen werden.“