PKK klagt gegen deutsche Bundesregierung

Der Antrag der PKK auf Aufhebung des seit 1993 bestehenden Betätigungsverbots in Deutschland ist nach drei Jahren abgelehnt worden. Nun hat die PKK gegen die deutsche Bundesregierung geklagt. Eine Pressekonferenz in Berlin hat das Thema beleuchtet.

Bundesregierung besteht auf PKK-Verbot

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) stellt am 11. Mai 2022 einen offiziellen Antrag auf Aufhebung des seit 1993 bestehenden Betätigungsverbots in Deutschland. Drei Jahre später ist dieser Antrag durch die Bundesregierung abgelehnt worden – mit Verweis auf außenpolitische Belange und mögliche Auswirkungen auf das deutsch-türkische Verhältnis. Nun hat die PKK beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht.

Während die Klage weiterhin anhängig ist, verändert sich die politische Lage in der Türkei und Kurdistan. Am 27. Februar 2025 hatte Abdullah Öcalan eine neue Friedensinitiative angestoßen, die in die Einberufung eines historischen PKK-Kongresses mündete. Dort erklärte die Organisation ihre Absicht zur Selbstauflösung und zur Niederlegung der Waffen. Die PKK fordert seither die Schaffung juristischer und politischer Voraussetzungen für diesen Schritt. Die Reaktion des türkischen Staates besteht bislang jedoch in der Fortsetzung militärischer Angriffe. Auch Deutschland hält weiterhin am Betätigungsverbot fest – mit weitreichenden Konsequenzen für die kurdische Community in Deutschland sowie den Friedensprozess insgesamt.

Auf einer von der Rechtsanwältin Heike Geisweid (Vorstandsvorsitzende Maf-Dad) moderierten Pressekonferenz in Berlin wurde dieses Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Der Rechtsanwalt Lukas Theune, der die PKK in diesem Verfahren vertritt, äußerte sich zur juristischen Perspektive. Nilüfer Koç (Sprecherin des Kurdistan Nationalkongress, KNK) trug die Perspektive der kurdischen Zivilgesellschaft bei und Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Die Linke) sowie Ferat Kocak (MdB, Die Linke) teilten ihre Ansichten auf die deutsche Politik mit.


Anwalt der PKK: Deutschland muss handeln

Rechtsanwalt Lukas Theune erklärte: „Die PKK hat in einem historischen Schritt ihre Selbstauflösung angekündigt. Es ist an der Zeit, dass auch Deutschland das jahrzehntelange Verbot aufhebt. Die kurdische Bewegung und Minderheit brauchen in Deutschland die Möglichkeit, sich frei zu organisieren – nur so kann der Friedensprozess gelingen.

Die Klage wird damit begründet, dass die PKK keine Sicherheitsbedrohung für Deutschland darstellt, nicht gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstößt und keine strafbaren Handlungen in Deutschland plant oder durchführt. Das Verbot kriminalisiert Millionen Kurdinnen und Kurden pauschal und steht dem Friedensprozess entgegen.“

Theune betonte, dass die Bundesregierung nun gefordert sei, die Klage anzuerkennen und das Betätigungsverbot sowie die Verfolgungsermächtigung aus dem Jahr 2011 aufzuheben.

„Das Bundesinnenministerium hat erklärt, es sei nicht absehbar, ob dem Aufruf Abdullah Öcalans zur friedlichen Lösung tatsächlich gefolgt werde. Doch dieser Vorbehalt ist inzwischen durch die konkreten Schritte der PKK, insbesondere durch die Erklärung zur Selbstauflösung und zur Niederlegung der Waffen, widerlegt. Angesichts dieser Entwicklungen ist es nun geboten, der Klage stattzugeben und das Betätigungsverbot aufzuheben.“

Politische Stimmen fordern Ende der Repression

Der Bundestagsabgeordnete und Linken-Politiker Ferat Kocak zeigte sich nachdenklich angesichts der fortdauernden Repression: „Ich war 14 Jahre alt, als die ersten Polizeirazzien in kurdischen Vereinsräumen stattfanden – diese Repression dauert bis heute an, trotz Friedenssignalen aus Kurdistan. Die Bundesregierung muss jetzt das richtige Signal setzen: für Frieden in der Türkei und Kurdistan.“

Kocak forderte eine aktive Unterstützung des Friedensprozesses durch konkrete politische Schritte:  Die Aufhebung des PKK-Verbots, ein Ende der pauschalen Verdächtigungen gegen kurdische Vereine, Prüfung der Verfolgungsermächtigung durch das Bundesjustizministerium Freilassung politischer Gefangener wie Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ. Zudem sprach er sich für ein Verbot der rechtsextremen Organisation „Graue Wölfe“ aus.

KNK: Auf Worte müssen nun auch Taten folgen

KNK-Sprecherin Nilüfer Koç richtete einen Appell an die Bundesregierung: „Die Bundesregierung ist dazu angehalten, sich an die Worte zu erinnern, die sie am 27. Februar nach dem Aufruf von Abdullah Öcalan geäußert hat. Die Bundesregierung hat klargemacht, dass sie bereit dafür sind, den Friedensprozess zu unterstützen. Doch auf Worte müssen nun auch Taten folgen.

Bis jetzt hat die Bundesrepublik Deutschland eine Unterstützung der Türkei an den Tag gelegt, mit der Begründung, dass die Türkei NATO-Partner ist. Nun ändert sich dieser NATO-Partner.

Die kurdische Seite hat große Risiken auf sich genommen und handelt mit Verantwortung. Selbst Erdoğan und Bahçeli haben die Erklärung positiv aufgenommen – es ist für uns Kurd:innen in Deutschland nicht nachvollziehbar, warum das Verbot dennoch weiter besteht.“

Koç führte weiter aus: „Unsere gemeinsame Erwartung ist klar:  Die Bundesregierung darf nicht länger jene Hardliner in der Türkei stärken, die den Friedensprozess torpedieren wollen und damit Öl ins Feuer gießen. Diese Haltung schwächt nicht nur die Friedenskräfte, sondern nützt den Gegnern von Demokratie und Verständigung. Wir erwarten, dass Deutschland den Weg für Frieden ebnet – nicht blockiert.

Die PKK ist nicht Ursache, sondern Folge des Konfliktes. Bei der PKK handelt es sich um den 29. Aufstand der KurdInnen. Wir hoffen, dass es der letzte Aufstand ist und es endlich zu Frieden und Gerechtigkeit kommt. Frieden auf der Ebene der Völker.“

Ramelow: Garantie zur Selbstverwaltung

Auch Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow ließ in einer verlesenen Erklärung Verständnis für die Klage erkennen und forderte ein Überdenken des bisherigen Kurses. Wenn in der Türkei die Chancen und Gesprächen genutzt würden, sollten Deutschland und Europa „diesen Prozess nicht nur aktiv begleiten“, sondern müssten auch selber Schritte einleiten, „um das Verhältnis zwischen der sich auflösenden PKK und der türkischen Regierung zu einem wirksamen Friedensprozess zu entwickeln.“

In der Erklärung lautete es weiter: „Es geht auch darum, dass sich die Facetten der kurdischen Sicht hier in Deutschland in ihrer ganzen Breite und Vielfalt formulieren können, ohne dass gleich mit einem Terrorvorwurf bestimmte Aspekte kriminalisiert werden.

Abdullah Öcalan hat zum Waffenverzicht aufgerufen und die Auflösung der PKK angekündigt. Darin liegt die Chance, diese ausgestreckte Hand nun zu ergreifen. Wenn dieser Prozess auch von der kurdischen Seite selbstbestimmt und selbstbewusst entwickelt werden soll, dann muss sich diese Seite selbst organisieren können und dürfen. Deshalb braucht es ein Bekenntnis zu einer Organisation, die diesen Prozess glaubwürdig organisieren und entwickeln kann. Und natürlich braucht es auch eine Garantie, dass die Selbstverteidigungskräfte von Kobanê und Rojava sowie deren Unterstützerinnen und Unterstützer nicht ständig mit dem PKK-Verbot und den daraus resultierenden repressiven Konsequenzen überzogen werden.

Der Friedensprozess in den Siedlungsräumen aller kurdischen Menschen braucht endlich eine Europäische Garantie zur Selbstverwaltung und Bewahrung ihrer kulturellen Identität.“

Die Einreichung der Klage durch die PKK erfolgt laut Theune in dem Bewusstsein, dass der aktuelle politische Prozess eine historische Chance darstellt. Die kurdische Bewegung zeige Bereitschaft und Verantwortung für den Frieden. Nun liege es an der Bundesregierung, diesem Signal mit einer mutigen und zukunftsgewandten Entscheidung zu folgen.