Prozessauftakt gegen Silêman Ehmed verschoben

Vor dem Strafgericht in Duhok sollte am Sonntag der Prozess gegen den im Oktober von der PDK verschleppten Journalisten Silêman Ehmed starten – doch daraus wurde nichts. Der Auftakt wurde verschoben, weil der Asayîş wichtige Dokumente nicht rausrückt.

Repression gegen kritische Presse in der KRI

Der Auftakt des Prozesses gegen den seit Monaten in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) in Geiselhaft gehaltenen Journalisten Silêman Ehmed vor dem Strafgericht Duhok ist kurzfristig verschoben worden. Der zuständige Richter habe sich kurz vor Beginn des Prozesses am Sonntag krank gemeldet, wie ein Gerichtssprecher sagte. Zudem seien schon länger angeforderte verfahrensrelevante Dokumente vom Inlandsgeheimdienst Asayîş nicht an das Gericht übermittelt worden. Der Prozess soll nun möglicherweise am 29. Juli beginnen.

Ehmed, der für die arabischsprachige Redaktion der in Silêmanî ansässigen Nachrichtenagentur RojNews arbeitete, war im Oktober vergangenen Jahres von Sicherheitskräften der Barzanî-Partei PDK (Demokratische Partei Kurdistans) festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Monatelang gaben die Behörden keine Informationen zu seinem Zustand und Aufenthaltsort heraus, er war faktisch von seiner Außenwelt abgeschnitten. Erst seit Februar ist bekannt, dass der 32-Jährige in einem inoffiziellen Gefängnis der PDK-nahen Asayîş in Duhok festgehalten wird. Der Geheimdienst der PDK war es auch, der Ehmed am Grenzübergang Sêmalka-Pêşxabûr zwischen der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (DAANES) und der KRI verschleppt hatte. Der kurdische Journalist stammt ursprünglich aus Rojava und hatte vor seiner Entführung seine in Aleppo lebende Familie besucht. Er ist syrischer Staatsbürger und im Besitz eines Daueraufenthalts in der KRI.

Silêman Ehmed (Sleman Ahmad) kam 1992 im Bezirk Cindirês in Efrîn als jüngstes von neun Geschwistern zur Welt. Nach einem Abschluss an der landwirtschaftlichen Fakultät der Al-Baath-Universität in Homs kehrte er nach Efrîn zurück, seit 2012 arbeitete er für freie kurdische Medien. 2018 berichtete er von der türkischen Invasion in Efrîn und deckte Gräueltaten auf. Er verließ die Region erst, als nach einem 58-tägigen Widerstand gegen die militärische Übermacht der Türkei und ihre dschihadistischen Söldnertruppen ein großer Teil der Bevölkerung evakuiert wurde. Seine Familie lebt heute in Şêxmeqsûd, einem der beiden großen kurdischen Viertel in Aleppo. | Foto: Kolleginnen und Kollegen von Silêman Ehmed protestieren am 31. Oktober 2023 bei einer Pressekonferenz in Silêmanî gegen seine Festnahme © RojNews


Angeklagt ist Silêman Ehmed wegen des Vorwurfs der „Destabilisierung der Sicherheit und Stabilität der KRI“ unter Paragraf 1 des Gesetzes Nr. 21 von 2003. Die Anschuldigung gründet sich auf die Annahme des Inlandsgeheimdienstes Asayîş, Ehmed gehöre der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an. Davon erfuhr der Journalist allerdings erst Ende Mai, als der Asayîş erstmals einen Anwaltsbesuch bei ihm zuließ. Die Unabhängige Menschenrechtskommission der Kurdistan-Region des Irak hatte sich einschalten müssen, da dem Verteidigungsteam Ehmeds ein Mandantengespräch trotz Besuchserlaubnis des Gerichts in Duhok durch den Nachrichtendienst verweigert worden waren. Unmittelbar nach dem Besuch bei ihm ließ die Strafkammer die Anklage gegen Ehmed zu.