Unter Auflagen auf freiem Fuß
Der Prozess gegen die Journalistin Öznur Değer, die aufgrund von Beiträgen in sozialen Medien im Februar inhaftiert worden war, hat heute mit einer ersten Anhörung der Angeklagten vor dem 2. schweren Strafgericht in Mêrdîn (tr. Mardin) begonnen. Ihr wird „Propaganda für eine illegale Organisation“ vorgeworfen.
Der vorsitzende Richter belegte Değer heute mit einem Ausreiseverbot, stellte sie unter richterliche Aufsicht und entließ sie mit diesen Auflagen aus der Haft. Die Verhandlung wurde auf den 21. Oktober vertagt.
Öznur Değer war am 7. Februar bei einer Razzia im Haus ihrer Familie in Mêrdîn Opfer von Gewalt geworden und wurde in Gewahrsam genommen. Noch am selben Tag wurde sie wegen „Propaganda für eine illegale Organisation“ ins Gefängnis gebracht.
Hintergrund
Vergangenen Dezember war Değer bei einem Beileidsbesuch der Frauenbewegung TJA in Midyad bei der Familie von Cihan Bilgin zugegen. Cihan Bilgin und Nazım Daştan hatten als Journalist:innen die seit dem 8. Dezember andauernden Kämpfe am Tişrîn-Staudamm und der Qereqozax-Brücke in Rojava verfolgt, wo die protürkischen Söldner der SNA („Syrischen Nationalarmee“) mit türkischer Luftunterstützung versuchten, den Euphrat zu überqueren, um dann Kobanê anzugreifen. Beide wurden durch einen gezielten türkischen Drohnenangriff am 19. Dezember ermordet, der Fahrer Ezîz Hec Bozan wurde verletzt.
Im Rahmen dieses Familienbesuchs hatte Değer sexistische Bemerkungen eines türkischen Polizisten öffentlich als „obszön“ kritisiert und ihn als „Faschisten“ bezeichnet. Wenig später wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Beamtenbeleidigung eingeleitet.