Hatimoğulları und Özel: Demokratie darf nicht ausgehöhlt werden

Nach den Polizeioperationen gegen mehrere oppositionell regierte Rathäuser haben die Parteivorsitzenden von DEM und CHP gemeinsam deutliche Kritik geübt. Sie sehen die demokratische Ordnung in Gefahr und fordern eine Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit.

Solidaritätsbesuch der DEM bei CHP

Nach den jüngsten Festnahmen mehrerer oppositioneller Bürgermeister in der Türkei haben die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei Tülay Hatimoğulları und CHP-Chef Özgür Özel scharfe Kritik an der Regierung geübt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz nach einem Treffen in der CHP-Zentrale warnten beide vor einer Aushöhlung demokratischer Grundrechte und einer Gefährdung des gesellschaftlichen Friedens.

Hatimoğulları sprach von politisch motivierten Operationen, die nicht nur Einzelpersonen träfen, sondern „den Willen der gesamten Bevölkerung ignorieren“. Die derzeitigen Maßnahmen seien ihrer Ansicht nach eine Fortsetzung des sogenannten Zwangsverwalter-Systems, bei dem Staatsbeamte anstelle gewählter Bürgermeister:innen eingesetzt werden.

Einrichtung einer überparteilichen Kommission

„Wenn Korruption der Vorwurf ist, dann braucht es unabhängige Ermittlungen, die alle Parteien betreffen – auch die Regierungsparteien und gerade in jenen Gemeinden, in denen bereits sogenannte Treuhänder eingesetzt wurden“, sagte Hatimoğulları. Sie forderte die Einrichtung einer überparteilichen Kommission und mit Blick auf entsprechende Berichte des türkischen Rechnungshofs eine Untersuchung früherer Fälle von Amtsmissbrauch in zwangsverwalteten Kommunen.

Scharfe Kritik am Umgang mit der Opposition

Die DEM-Vorsitzende machte deutlich, dass Festnahmeoperationen gegen die Opposition und Amtsenthebungen von gewählten Mandatsträger:innen nicht nur den politischen Alltag belasten, sondern auch Vertrauen in eine friedliche Lösung der kurdischen Frage untergraben. „Gerade jetzt, wo über Entwaffnung und Frieden gesprochen wird, erleben wir Eingriffe, die die Hoffnung auf Dialog zerstören“, so Hatimoğulları. Sie betonte, eine politische Lösung sei nur möglich, wenn die Opposition nicht ausgeschlossen, sondern aktiv in einen breiten gesellschaftlichen Konsens eingebunden werde.

Özgür Özel: Diese Operationen sind nicht neu

Auch CHP-Vorsitzender Özgür Özel ordnete die aktuellen Vorgänge in einen größeren Kontext ein. Die Behauptung, es handle sich um Ausnahmen, sei nicht glaubwürdig: „Fast alle von der DEM gewonnenen Rathäuser wurden in der Vergangenheit unter Treuhandverwaltung gestellt. Das ist kein Einzelfall, das ist System.“

Özel warf der Regierung vor, gezielt zu versuchen, das Verhältnis zwischen CHP und DEM – etwa in strategisch wichtigen Städten wie Adana – zu stören: „Man will uns gegeneinander ausspielen. Aber wir stehen zusammen gegen antidemokratische Eingriffe.“

Appell an die Regierung: Kein Frieden ohne Rechtsstaat

Beide Parteivorsitzenden forderten die sofortige Freilassung der festgenommenen Bürgermeister und eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verfahren. Politische Prozesse dürften nicht mit Repression beantwortet werden, so Hatimoğulları: „Wir haben eine historische Chance, den inneren Frieden zu stärken. Dafür braucht es keine Ausgrenzung, sondern Zusammenarbeit.“

In diesem Zusammenhang kündigte Hatimoğulları an, dass auch bei einem für Montag geplanten Treffen zwischen der Imrali-Delegation der DEM-Partei und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan die jüngsten Eingriffe in die Kommunalpolitik thematisiert würden. „Demokratie und Frieden sind untrennbar. Wer das eine ohne das andere will, wird beides verlieren.“