Erdexan: Behörden verweigern Nomaden Zugang zu Hochweiden

Trotz bezahlter Weiderechte und steigender Temperaturen verweigern die türkischen Behörden in Erdexan kurdischen Hirten den Zugang zu den Hochweiden. Die Folge: zahlreiche tote Tiere. Betroffene sprechen von Willkür und fordern ein Ende der Repression.

Willkürliches Verbot für Wanderhirten

Mit dem Einzug des Sommers beginnt für die nomadischen Koçer (Hirten) aus Reşqelas (tr. Iğdır) die jährliche Wanderung in die kühleren Hochlagen der Provinzen Qers (Kars) und Erdexan (Ardahan). Doch in diesem Jahr wurden zahlreichen Tierhalter:innen die Zugänge zu ihren Weideflächen verwehrt – trotz bezahlter Pachtverträge und langjähriger Nutzung. Die örtliche Gouverneursverwaltung erklärte, man „akzeptiere keine Tiere aus anderen Provinzen“. Koçer, die sich dennoch auf den Weg gemacht hatten, wurden an den Stadtgrenzen gestoppt und zur Umkehr gezwungen.

Tote Tiere durch Hitze und Warteschleifen

„Wir haben unsere Weideflächen ordnungsgemäß gepachtet. Trotzdem wird uns der Zugang zu den Almen verweigert. Das kommt einer Bestrafung gleich“, sagte der betroffene Hirte Mehmet Yeter zur Nachrichtenagentur Mezopotamya. Wie viele andere hatte er seine Herde auf Transportfahrzeuge verladen. Auf dem Weg zu den Weiden wurden sie von der türkischen Militärpolizei (Gendarmerie) angehalten, mit Bußgeldern belegt und zurückgeschickt.

Wegen Hitze und Wassermangel verendeten zahlreiche Tiere unterwegs. „Der Staat fordert uns auf, mehr Tierhaltung zu betreiben – und wenn wir sie dann auf die Weiden bringen wollen, werden wir kriminalisiert“, so Yeter.

Auch Yusuf Aras berichtete von unhaltbaren Zuständen: „Wir sehen uns nicht nur wirtschaftlich geschädigt, sondern auch in unserer Würde verletzt. Diese Behandlung ist nichts anderes als eine systematische Erniedrigung.“

Geldstrafen in fünfstelliger Höhe

Der Viehzüchter Aziz Ayboğa schilderte die wirtschaftliche Belastung durch die staatlichen Maßnahmen: „Wenn auch nur eine Ohrmarke fehlt, kassieren die Behörden Bußgelder zwischen 150.000 und 200.000 Lira. Diese Praxis muss endlich aufhören.“

Politische Kritik: DEM-Partei fordert Lösung

Auch politisch regt sich Widerstand. Der DEM-Abgeordnete Yılmaz Hun aus dem Wahlkreis Reşqelas kritisierte das Vorgehen der Gouverneure scharf: „Jedes Jahr dasselbe: Die Gouverneure schaffen willkürliche Hürden, obwohl diese Weiderechte fest etabliert sind. Wenn das so weitergeht, steht die gesamte regionale Tierhaltung vor dem Aus.“

Hun wies auf zahlreiche tote Tiere hin, die aufgrund von Verzögerungen und Hitze im Inneren eines Transporters verendet seien. Seine Partei habe das Thema bereits im Parlament und beim Landwirtschaftsministerium eingebracht. Doch bisher fehle eine Lösung.

Forderung nach sofortiger Aufhebung der Verbote

Während die Koçer weiterhin am Stadtrand von Reşqelas ausharren, fordern sie von der Regierung ein sofortiges Ende der willkürlichen Einschränkungen und eine langfristige Lösung für ihren Lebensunterhalt: „Wir sind keine Bittsteller, wir leisten Versorgungssicherheit für das Land. Wenn uns das verwehrt wird, verlieren alle – auch die Verbraucher“, sagte ein betroffener Tierhalter.