Protest gegen drohende Abschiebung in die Türkei
Vor dem niedersächsischen Landtag in Hannover hat eine Protestaktion gegen die drohende Abschiebung des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas in die Türkei stattgefunden. Dutzende Menschen kamen am Montagnachmittag vor dem Landtagsgebäude zu einer spontanen Kundgebung zusammen, um den in der Justizvollzugsanstalt Uelzen inhaftierten Kurden zu unterstützen.
In mehreren Redebeiträgen, unter anderem von der kurdischen Community in Hannover, der Demokratischen Jugend (YUNA), der MLPD und des kurdischen Dachverbands KON-MED, wurde über den den Fall Mehmet Çakas informiert und gegen die Kriminalisierung kurdischen Engagements in Deutschland protestiert. Die Aktivist:innen forderten den Stopp der Abschiebung und ein faires Asylverfahren für den 45-Jährigen.
Weitere Protestaktionen angekündigt
Wie ein Sprecher mitteilte, sind weitere Protestaktionen geplant. Demnach wird am Dienstag um 12 Uhr zu einer spontanen Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude in Celle aufgerufen. Am Mittwoch um 12 Uhr wollen die Aktivist:innen vor die JVA Uelzen ziehen und deutlich machen, dass Mehmet Çakas nicht allein gelassen wird und seine Auslieferung an den türkischen Staat verhindert werden muss. Die nächste Aktion in Hannover ist für Samstag, den 12. Juli, angekündigt. Auftakt ist um 14 Uhr am Hauptbahnhof, diesmal soll ein Demonstrationszug durch die Stadt stattfinden.
Wer ist Mehmet Çakas?
Mehmet Çakas, ein in Çewlîg (tr. Bingöl) geborener Kurde mit türkischer Staatsangehörigkeit, ist akut von einer Abschiebung in die Türkei bedroht. Der 45-jährige Aktivist war im Dezember 2022 auf Betreiben deutscher Behörden in Italien in Auslieferungshaft genommen und im März 2023 nach Deutschland überstellt worden . Im April 2024 wurde er vom Oberlandesgericht Celle wegen Mitgliedschaft in der kürzlich aufgelösten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nach §§129a/b StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Derzeit sitzt er in der JVA Uelzen in Niedersachsen in Strafhaft, sein regulärer Entlassungstermin ist am 4. Oktober 2025. Sein Asylantrag wurde vom BAMF abgelehnt, ebenso ein Antrag auf Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Lüneburg – ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit den gegen eine Abschiebung sprechenden Gründen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat am Donnerstag auf die weitere Vollstreckung seiner Haftstrafe verzichtet und damit die Einleitung der Formalitäten zur Abschiebung in die Türkei ermöglicht. Derzeit läuft ein Eilantrag an das Verfassungsgericht, um die Abschiebung zu verhindern. Eine Entscheidung wird in den kommenden Tagen erwartet.
Breite Solidarität gegen Abschiebung in die Türkei
Zahlreiche Institutionen und Persönlichkeiten wie die Hamburger Bundestagsabgeordnete Cansu Özdemir (DIE LINKE) setzen sich für Mehmet Çakas ein und warnen vor einer menschenrechtswidrigen Behandlung im Falle einer Abschiebung. In der Türkei gibt es zwei Strafverfahren gegen ihn.
Auch die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe hat die sofortige Aussetzung der drohenden Abschiebung gefordert. Die geplante Maßnahme stelle einen „gefährlichen Präzedenzfall“ dar und gefährde grundlegende Rechte politisch aktiver Kurd:innen in Deutschland, erklärte die Organisation am Sonntag.
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) warnt ebenfalls eindringlich vor der geplanten Abschiebung und wirft den deutschen Behörden vor, gegen das völkerrechtlich verbindliche Folterverbot zu verstoßen. „Deutschland will einen Präzedenzfall schaffen und Kurd:innen, die hier wegen politischer Straftaten verurteilt wurden, in die Türkei abschieben“, erklärte RAV-Geschäftsführer Dr. Lukas Theune. „Das verletzt nicht nur das Folterverbot, sondern auch grundlegende internationale Schutzstandards.“
Formalitäten zur Abschiebung bereits eingeleitet
Nach Angaben von Theune werden die Abschiebungsdokumente für Çakas derzeit von der türkischen Botschaft ausgestellt – oder sie sind es bereits. „Die Reibungslosigkeit, mit der die Abschiebung vorbereitet wird, zeigt den Versuch, schnellstmöglich vollendete Tatsachen zu schaffen und einen Präzedenzfall für die Abschiebung eines wegen Mitgliedschaft in der PKK Verurteilten zu schaffen“, kritisierte der Jurist. Die Missachtung der Menschenrechte „zugunsten der Kooperation mit dem Erdoğan-Regime“ müsse ein Ende haben. „Es dürfen keine und schon gar nicht politisch aktiven Kurd:innen in die Türkei abgeschoben werden“, forderte RAV-Geschäftsführer Theune.