Drohende Folter: RAV warnt vor Abschiebung von Mehmet Çakas

Dem Kurden Mehmet Çakas droht die Abschiebung aus deutscher Haft heraus in die Türkei. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein spricht von einem gefährlichen Präzedenzfall und wirft den Behörden vor, das Folterverbot zu missachten.

Gefährlicher Präzedenzfall

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) hat eindringlich vor der geplanten Abschiebung des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas in die Türkei gewarnt. In einer Stellungnahme vom Montag bezeichnete der Verein den Fall als potenziellen „Präzedenzfall“ und warf deutschen Behörden vor, gegen das völkerrechtlich verbindliche Folterverbot zu verstoßen.

Çakas, der sich derzeit in der Justizvollzugsanstalt Uelzen in Niedersachsen befindet, hat nach Angaben seiner Anwält:innen Verfassungsbeschwerde eingelegt und einen Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Laut dem RAV droht ihm in der Türkei „erschwerte lebenslange Haft und unmenschliche Behandlung“ – ein Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der Folter und erniedrigende Behandlung verbietet.

Abschiebung wäre Verstoß gegen grundlegende internationale Schutzstandards

„Deutschland will einen Präzedenzfall schaffen und Kurd:innen, die hier wegen politischer Straftaten verurteilt wurden, in die Türkei abschieben“, erklärte RAV-Geschäftsführer Dr. Lukas Theune. „Das verletzt nicht nur das Folterverbot, sondern auch grundlegende internationale Schutzstandards.“

Çakas war 2023 von Italien nach Deutschland ausgeliefert worden, wo er seinen Wohnsitz hatte. Im April 2024 verurteilte ihn das Oberlandesgericht Celle wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der PKK zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Das Gericht stellte zugleich fest, dass Çakas und seine Familie in der Türkei bereits Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen geworden waren – so wurde sein Vater vom türkischen Staat getötet.

Trotz dieser Erkenntnisse soll Çakas nun nicht etwa nach Italien, sondern aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben werden. Hintergrund ist nach Angaben seiner Verteidigung, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Verwaltungsgericht Lüneburg ihren Prüfpflichten im Asylfolgeverfahren von Mehmet Çakas nicht nachgekommen sind. Diese hätten – trotz der drohenden schweren Menschenrechtsverletzungen – ein Abschiebungsverbot nach Paragraf 60 Abs. 5 AufenthG nicht ernsthaft geprüft.

Generalstaatsanwaltschaft Celle verzichtet auf weiteren Vollzug

„Der Beschluss des Verwaltungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 11. Juni, der die Abschiebung ins türkische Regime ermöglichen soll, umfasst lediglich 18 Zeilen. Mit einem Federstrich soll hier das Schicksal eines Menschen besiegelt werden“, kommentiert dies RAV-Geschäftsführer Theune. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hatte am 3. Juli für den Fall einer Abschiebung von Mehmet Çakas in die Türkei auf den weiteren Vollzug der Strafhaft verzichtet.

Theune: Behörden wollen schnellstmöglich vollendete Tatsachen schaffen

Nach Angaben von Theune werden die Abschiebungsdokumente für Çakas derzeit von der türkischen Botschaft ausgestellt – oder sie sind es bereits. „Die Reibungslosigkeit, mit der die Abschiebung vorbereitet wird, zeigt den Versuch, schnellstmöglich vollendete Tatsachen zu schaffen und einen Präzedenzfall für die Abschiebung eines wegen Mitgliedschaft in der PKK Verurteilten zu schaffen“, kritisierte der Jurist. Die Missachtung der Menschenrechte „zugunsten der Kooperation mit dem Erdoğan-Regime“ müsse ein Ende haben. „Es dürfen keine und schon gar nicht politisch aktiven Kurd:innen in die Türkei abgeschoben werden“, erklärte RAV-Geschäftsführer Theune abschließend.