Neue Ermittlungen gegen kurdischen Journalisten Hakkı Boltan

Die türkische Justiz geht erneut gegen den Journalisten und Verleger Hakkı Boltan vor: Wegen zweier beschlagnahmter Bücher wurde ein Ermittlungsverfahren wegen vermeintlicher „Terrorpropaganda“ eingeleitet.

Angebliche „Propaganda für eine Terrororganisation“

Die türkische Justiz hat ein weiteres Verfahren gegen den kurdischen Journalisten und Verleger Hakkı Boltan eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft in Amed (tr. Diyarbakır) wirft ihm vor, mit der Veröffentlichung zweier Bücher angeblich „Propaganda für eine terroristische Organisation“ betrieben zu haben. Die Werke wurden zunächst auf der Amed Buchmesse polizeilich beschlagnahmt, später folgte eine offizielle Verfügung zum Einzug.

Bücher von Mahmut Aba und Hatip Dicle im Visier

Konkret geht es um „Dildarê Serkeftinê“ von Mahmut Aba sowie das „Tagebuch des Efrîn-Widerstands“ des kurdischen Politikers Hatip Dicle, Mitglied der Imrali-Delegation von 2013 bis 2015. Beide Titel erschienen im Aram Verlag, dessen Eigner Hakkı Boltan ist. Die Bücher wurden letzten Herbst während der 8. Buchmesse Amed durch die Polizei beschlagnahmt – obwohl zu diesem Zeitpunkt kein offizieller Gerichtsbeschluss vorlag. Erst 37 Tage später ordneten die Behörden formell die Beschlagnahmung an.

Im Zuge der Ermittlungen wurde Boltan nun zur Aussage vorgeladen. Gemeinsam mit seinem Anwalt Resul Tamur erschien er bei der Antiterrorabteilung der Polizei. Dort wurde er laut Tamur unter anderem gefragt, weshalb er die Bücher veröffentlicht habe, ob er die Autoren persönlich kenne und ob er auf Anweisung gehandelt habe.

Ein Journalist im Dauerfadenkreuz

Es ist nicht das erste Mal, dass Hakkı Boltan mit der türkischen Justiz in Konflikt gerät. Der langjährige Journalist, der unter anderem für die kurdisch- und türkischsprachige Zeitung „Yeni Yaşam“ schreibt und Vorstandsmitglied der Journalistenvereinigung Dicle-Firat (DFG) ist, sieht sich seit Jahren einer Vielzahl von Verfahren ausgesetzt. 2021 wurde Boltan zu zwei Jahren Haft verurteilt – wegen angeblicher Beleidigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und Ex-Premierminister Ahmet Davutoğlu.

Anlass war eine Rede auf Kurdisch zum Tod von Rohat Aktaş, Redakteur der kurdischen Zeitung „Azadiya Welat“, der 2016 während der Militärbelagerung in Nordkurdistan bei lebendigem Leib von türkischen Polizisten und Soldaten in einem der „Todeskeller von Cizîr“ (Cizre) verbrannt wurde. Boltan hatte damals öffentlich zur Evakuierung der Eingeschlossenen aufgerufen und schwere Vorwürfe gegen die Behörden erhoben. Seine Rede war von der Polizei übersetzt und als Beleidigung eingestuft worden – Boltan bestritt die Vorwürfe.

Der Fall Boltan steht exemplarisch für die anhaltende Kriminalisierung kurdischer Stimmen und kritischer Medienarbeit in der Türkei. Neben dem aktuellen Verfahren laufen gegen den Vater des politischen Gefangenen Civan Boltan noch weitere Ermittlungen wegen vermeintlicher „Terrorpropaganda“ oder „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“.