Armanc: Die türkische Armee steckt fest

Der HPG-Kommandant Haki Armanc blickt auf das Jahr 2023 zurück. Er sagt, der härteste Kampf sei in Nordkurdistan ausgefochten worden. Gleichzeitig stecke die türkische Armee im Süden fest.

Haki Armanc, einer der Kommandant:innen im Hauptquartier der Volksverteidigungskräfte (HPG), äußerte sich im Radiosender Dengê Gel zu den aktuellen Entwicklungen in verschiedenen Gebieten des kurdischen Befreiungskampfes und im internationalen Rahmen. Zunächst beschrieb er die schweren Isolationshaftbedingungen auf der Gefängnisinsel Imrali und wies darauf hin, dass es seit März 2021 kein Lebenszeichen mehr vom kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen gibt.

Armanc ordnete diese Praxis als direkten Angriff auf das kurdische Volk und alle nach Freiheit strebenden Menschen ein. Er unterstrich die Bedeutung der aktuellen Offensive unter dem Motto „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“ und rief zu einer breiten Beteiligung auf: „Am 10. Oktober haben Freundinnen und Freunde des kurdischen Volkes die Kampagne für Rêber Apo [Abdullah Öcalan] gestartet. Diese politische Offensive wächst von Tag zu Tag. Auch unsere Genossinnen und Genossen im Gefängnis haben sich ihr angeschlossen und sind in einen Hungerstreik getreten. Unser Volk ist ohnehin in permanenter Mobilisierung und kämpft für die physische Freiheit von Rêber Apo und eine Lösung der kurdischen Frage mit demokratischen Mitteln. Das von Rêber Apo geschaffene Modell der demokratischen Moderne gegen die kapitalistische Moderne ist eine Alternative für ein freiheitliches Leben der Völker. Rêber Apos Ideen haben sich in Kurdistan und im Nahen Osten verbreitet und erhalten Unterstützung von überall auf der Welt. Seine Philosophie wird von Menschen, die an der Freiheit orientiert sind, als Licht der Hoffnung betrachtet. Aus diesem Grund entschieden sie sich, für die Freiheit von Rêber Apo zu kämpfen. Denn sie wissen, dass mit der physischen Freiheit von Rêber Apo auch das kurdische Volk befreit wird. Und sie wissen, dass dies allen Völkern der Welt zugutekommen wird.“

Wir hätten die Ideen des Apoismus viel früher übersetzen sollen“

Gleichzeitig übte der Kommandant Selbstkritik: „Die Bücher von Rêber Apo werden überall gelesen und übersetzt. Damit sind wir eigentlich bereits spät dran. Das kurdische Volk und die Kader dieser Bewegung hätten die Ideen von Rêber Apo schon längst den Völkern zugänglich machen müssen. Wären die Ideen des Apoismus früher in fremde Sprachen übersetzt worden, wären die Menschen noch stärker für Rêber Apo eingetreten. Aber auch wenn es spät ist, ist das erreichte Niveau sehr wertvoll. Das kurdische Volk und seine Freundinnen und Freunde sind ständig aktiv. Die Kader unserer Bewegung sollten sich darauf konzentrieren, wie wir Rêber Apo besser verstehen können. Wenn man anfängt, Rêber Apo zu verstehen, setzt man diese Philosophie auch in die Praxis um. Je besser wir diese Philosophie verstehen, desto erfolgreicher werden wir in unserer Praxis gegen den Feind, der Kurdistan besetzt hält.“

Der türkische Staat plant die Besetzung von ganz Südkurdistan“

Zur aktuellen Lage in Südkurdistan und insbesondere in den Medya-Verteidigungsgebieten berichtete Armanc von fortwährenden Angriffen und heftigem Guerillawiderstand. Rückblickend auf das vergangene Jahr erklärte der Kommandant: „Wie bekannt, gab es im Februar ein großes Erdbeben in Kurdistan. Die Führung unserer Bewegung hatte den Beschluss gefasst, daher alle Aktivitäten einzustellen. Dann fanden die Wahlen statt. Daher wurde die Phase der Inaktivität verlängert. Der türkische Staat betrachtete dies allein als militärische Gelegenheit und verstärkte seine Angriffe in Nord- und Südkurdistan und in den Medya-Verteidigungsgebieten. Die Guerillakräfte haben jedoch mit großer Geduld die Entscheidung unserer Kommandantur umgesetzt. Das Hauptziel des türkischen Staates ist es, ganz Südkurdistan zu besetzen. Die türkische Regierung meinte, dass das in wenigen Monaten realisiert werden könnte. Aber die türkische Armee scheiterte am Widerstand unserer opferbereiten apoistischen Kämpferinnen und Kämpfer. Die Guerilla erlaubte dem türkischen Staat nicht, seine Ziele zu erreichen. Jedes Mal, wenn der türkische Staat vorrücken wollte, erlitt er schwere Verluste durch die Guerilla. Die türkische Armee steckt nun in einem Sumpf. Sie kommt nicht aus dem Sumpf, in den sie hineingeraten ist, heraus. Sie weiß, dass sie unterliegen wird. Das wirkt sich negativ auf die Psyche der türkischen Soldaten aus. Die effektiven Aktionen der Guerilla im November setzten die türkische Armee noch stärker unter Druck.

Der Feind kann nicht einmal seine Toten bergen“

Im Laufe des Jahres hatte es ohnehin bereits viele wirksame Aktionen gegeben. In den Kriegstunneln wurde erheblicher Widerstand geleistet, und es wurden große Opfer gebracht. Unsere Genossinnen und Genossen leisteten mutigen Widerstand gegen Chemiewaffen und geächtete Bomben. Gleichzeitig führten halbmobile Einheiten Angriffe mit vielfältigen Taktiken durch. Diese Aktionen gehen bis heute weiter. Besonders starke Aktionen fanden an der Zap- und Metîna-Front statt. Der Feind musste sehr schwere Verluste hinnehmen. Obwohl alles offenkundig war, verbarg der Feind seine Verluste und verschwieg sie vor der Öffentlichkeit. Aber sie wurden auf Bildern dokumentiert, und diese Bilder wurden veröffentlicht. Der Feind verlässt sich gegen die Guerilla auf seine technische Stärke und auf einige kurdische Kollaborateure, die er zu Agenten gemacht hat. Er glaubt, sich auf diese Weise schützen zu können, aber die Guerilla hat eine Aktion mitten im Herzen des Feindes durchgeführt. Der türkische Staat ist sich bewusst, dass er sich vor der apoistischen Guerilla nicht schützen kann. Besonders die jüngsten Aktionen der Guerilla in den Medya-Verteidigungsgebieten zeigen diese Situation deutlich. Der Feind kann nicht einmal seine Toten bergen.

Die Guerilla hat keine Angst vor dem türkischen Staat und seiner technischen Leistungsfähigkeit. Die jüngsten Aktionen haben bereits große Angst in den Herzen der Feinde ausgelöst. Das wissen wir. Sie befinden sich in einem Zustand großer Panik. Solange die türkische Armee Kurdistan besetzt hält, wird sie sich nicht vor der Guerilla schützen können. Die Freiheitsguerilla Kurdistans ist wütend über die Isolation von Rêber Apo und die Angriffe auf unser Volk. Auch in Rojava finden große Angriffe durch den türkischen Staat statt. Frauen, Kinder, Junge und Alte werden massakriert, und die Errungenschaften unseres Volkes in Rojava und Südkurdistan sind in großer Gefahr. In Nordkurdistan werden die Menschen schwer unterdrückt. Alle demokratischen Rechte wurden ihnen geraubt, es wird gefoltert, verhaftet, gemordet und ein Wirtschaftsembargo verhängt. Es werden alle Arten von Angriffen verübt, das führt zu großem Zorn bei der Guerilla und hängt damit zusammen, dass diese wirksamen Aktionen gegen den Feind durchgeführt werden.“

Der Feind hat seine ganze Kraft gegen die Guerilla in Nordkurdistan mobilisiert“

Haki Armanc legte einen weiteren Fokus auf die Region Nordkurdistan und betonte, dass dort im Jahr 2023 der härteste Krieg geführt worden sei. Es habe Tausende Angriffe durch die türkische Armee gegeben. Armanc führte aus: „Der Feind hat alle seine Mittel mobilisiert, um keinen einzigen Guerillakämpfer in Bakur übrig zu lassen. Dazu wurden alle Methoden eingesetzt. Das Ziel war es, die Guerilla zum 100. Gründungstag der türkischen Republik in Nordkurdistan vollständig vernichtet zu haben. Daher gab es überall Angriffe, bei denen auch wir Verluste erlitten haben. Unsere Kommandantin Heval Leyla Sorxwîn sowie Heval Rojbîn, Heval Axîn Mûş, Heval Xemgîn Malazgirt, Heval Canşêr Mako, Heval Hêjar Zozan und viele andere so wertvolle und wichtige Freundinnen und Freunde fanden den Kampfestod. Sie verfolgten den Weg von Zîlan und schlossen sich der Karawane der Gefallenen an.

Nordkurdistan wurde im Jahr 2023 zu einem Schauplatz epischen Widerstands. Wir können das nicht in ein paar Worten ausdrücken. Der Widerstand fand in allen Regionen, in Serhed, Garzan, Dersim, Amed, Mêrdîn, Botan und Wan statt. Der Feind stützte sich bei seinen Angriffen vor allem auf seine technische Leistungsfähigkeit und den Geheimdienst. Einerseits nutzt er seine Technik, andererseits setzt er Kollaborateure, Agenten und bezahlte Verräter ein. Der Feind führt auch einen psychologischen Krieg gegen das Volk, indem er propagiert, dass er seine Soldaten in den ländlichen Gebieten stationiert habe. Außerdem wurde der Konsum von Substanzen wie Heroin und anderen Drogen gefördert, und Kurdistan wird weiter ausgeplündert.

Der türkische Staat greift immer wieder auf Spezialkriegsmethoden zurück. Er hat sich darauf spezialisiert, die Tatsachen zu verdrehen. Die AKP/MHP-Regierung ist schwach und machtlos, aber sie stellt sich der Gesellschaft gegenüber als stark dar. Wirtschaftlich gesehen gibt in Nordkurdistan wie auch in den Städten der Türkei ernste Probleme; die Menschen können ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten, aber die Regierung tut so, als ob es das nicht gäbe. Militärisch hat die türkische Armee ebenfalls große Probleme; sie erleidet jeden Tag Verluste. Man kann sagen, sie ist mehr zu einer Verbrecherbande als zu einer Armee geworden, aber dennoch wird behauptet, sie sei ‚hiesig und national‘. All das ist Teil des Spezialkriegs des türkischen Staates, mit dem Ziel die Wahrheit zu verbergen.“

Die Guerilla ist überall in Nordkurdistan präsent“

Haki Armanc stellte fest, dass die Guerilla und das kurdische Volk von der psychologischen Kriegsführung des türkischen Staates nicht beeinträchtigt würden, und schloss mit den Worten: „Der türkische Staat verbreitet die Propaganda, dass es in keiner Region in Nordkurdistan mehr Guerilla gäbe. Aber die Guerilla ist überall präsent. Unsere Genossinnen und Genossen haben aus Sicherheitsgründen nicht viel Kontakt zum Volk, aber manchmal treffen die Menschen auf die Guerilla. Die Propaganda des türkischen Staates ist vergebens. Die Angriffe des Feindes gegen die Guerilla und unser Volk haben keine Ergebnisse gebracht. Die Guerilla hat sicher und wohlbehalten ihre Winterlager erreicht.

Der Winter ist eine Zeit des Lernens“

Der Winter ist eine Phase der Weiterbildung für die Guerilla. Im Allgemeinen haben die Freundinnen und Freunde ihre Winterlager ohne Verluste erreicht, und wir hoffen, dass sie von nun an weiter auf ihre Sicherheit achten werden. Sie haben die notwendigen Vorkehrungen getroffen, es sollte in dieser Hinsicht keine Schwachpunkte geben. Sie müssen diszipliniert und organisiert vorgehen, und es sollte in diesem Sinne nicht den geringsten Mangel geben. Jeder Freund, jede Freundin sollte sich selbst in der Verantwortung sehen. Die Kämpferinnen und Kämpfer müssen sich vor den Methoden des Feindes in Acht nehmen und sich schützen. Mit Blick auf die Freundinnen und Freunde in Nordkurdistan möchte ich sagen: Als Führung unserer Bewegung und als Kommandantur des Hauptquartiers verfolgen wir ihre Lage sehr aufmerksam und sind sehr gespannt. Die Haltung aller Freundinnen und Freunde in Bakur ist sehr bedeutend für uns, für unser Volk, für die Sache Kurdistans. Wir wollen unsere Freundinnen und Freunde dort auf jede erdenkliche Weise unterstützen. Darum bemühen wir uns als Leitung. Die Verteidigung der Freundinnen und Freunde ist sehr wichtig, und jeder Gefallene berührt uns zutiefst.“

Die Guerilla muss sich selbst schützen“

Vor kurzem sind in Kerboran Heval Rodi Nalin, Herekol Hezex und Kurtay Şerzan gefallen. Das war für uns ein sehr schwerer Verlust. Heval Rodi hat viele Jahre lang große Kraftanstrengungen geleistet und in vielen Gebieten von Rojhilat über Mêrdîn und Botan großen Widerstand bewiesen. Er war einer der großen Vorkämpfer unserer Bewegung. Überall war er ein wahrer Vorreiter. Im vergangenen Jahr hat er besonders wertvolle Arbeit geleistet. Heval Herekol trat in Gabar bei. Er übte dort jahrelang seinen Auftrag aus. Nachdem er in Südkurdistan ausgebildet worden war, kehrte er in dieses Gebiet zurück. Er war in jeder Hinsicht ein vielversprechender junger Genosse. Dass diese Freunde gefallen sind, war ein großer Verlust für uns. Wir haben noch keine klaren Informationen darüber, wie es dazu kam, vielleicht wird sich das in den nächsten Tagen klären, aber es ist ein großer Fehler, sich zu dieser Jahreszeit mit einem Fahrzeug in dieser Region zu bewegen. Wir kennen diese Region, auf der Straße zwischen Kerboran und Mîdyad hat der Feind sie gestoppt. Sie kämpften mutig bis zum Ende. Schließlich sind sie gefallen, indem sie sich selbst in die Luft sprengten, um nicht vom Feind gefangen genommen zu werden. Diese Haltung ist eine Haltung, die man respektieren sollte. Sie zeigt, welche Art von Haltung insbesondere in Bakur notwendig ist.

Aber wie ich schon sagte, sollte man sich zu dieser Jahreszeit nicht mit einem Fahrzeug fortbewegen. Der Feind hatte alle seine Mittel mobilisiert, um unsere Freunde anzugreifen, und sie hätten sich in ein sicheres Gebiet begeben müssen. Wir wissen, dass die Freunde unterwegs waren, um eine Aktion durchzuführen, aber sie hätten für ihre Sicherheit sorgen müssen. Um unsere gefallenen Freunde zu rächen, müssen wir organisierter und stärker handeln. Um weitere Gefallene zu verhindern, müssen sich die Freundinnen und Freunde dort besser selbst schützen.“