Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage
An 74 Orten weltweit wird heute die Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ vorgestellt.
An 74 Orten weltweit wird heute die Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ vorgestellt.
Auf einer Pressekonferenz vor dem Europarat, dem Antifolterkomitee CPT und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wird die Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage" vorgestellt. Zeitgleich werden an insgesamt 74 Orten in Europa, Bangladesch, Pakistan, Tokio, Indien, Kenia, Südafrika, Lateinamerika und anderswo Presseerklärungen zum Thema abgegeben. Die Zahl 74 steht für das Alter von Abdullah Öcalan. Beteiligt an der weltweiten Kampagne sind Akademiker:innen, Journalist:innen, NGOs, politische Parteien, Parlamentarier:innen, Aktivist:innen, Philosoph:innen, Nobelpreisträger:innen, Frauenorganisationen und Vertreter:innen indigener Völker.
Die Kampagne wird überall mit folgendem Text vorgestellt:
Die internationale Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ vereint soziale Bewegungen, politische Parteien, Kommunen, Gewerkschaften, Aktivist:innen, Intellektuelle und Millionen Kurd:innen und ihre Freund:innen weltweit um ein gemeinsames Ziel: eine gerechte und demokratische politische Lösung für die seit mehr als einem Jahrhundert ungelöste kurdische Frage in der Türkei dadurch zu ermöglichen, dass Abdullah Öcalan die Teilnahme an einem erneuten Dialog ermöglicht wird.
Abdullah Öcalan ist ein kurdischer Philosoph, theoretischer Vordenker und politischer Repräsentant, der von Millionen Kurd:innen weltweit als ihr Vertreter angesehen wird. Im Februar 1999 wurde er im Rahmen einer internationalen Geheimdienstoperation entführt und in die Türkei verschleppt. Seitdem sitzt er im Gefängnis und ist seit Jahren von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt ausgeschlossen. Er ist bis heute Folter und anderer grausamer und erniedrigender Behandlung ausgesetzt.
Dennoch steht die von Öcalan mit aufgebaute Bewegung an der Spitze der kurdischen Kämpfe für Selbstbestimmung und einer multiethnischen, multireligiösen Bewegung für Demokratie im Nahen Osten. Seine Theorien inspirieren weltweit Menschen, die für Selbstbestimmung, Frauenbefreiung und ein Ende aller Formen von Ungleichheit, Unterdrückung und Ausbeutung kämpfen.
Die ungelöste „Kurdische Frage“ der Türkei – die Konflikte und die politische Instabilität, die sich aus der gewaltsamen Verweigerung grundlegender bürgerlicher und politischer Rechte für 20 Millionen kurdische Bürgerinnen und Bürger durch die Republik Türkei ergeben – hat zehntausende Menschenleben gekostet, Millionen vertrieben und weltweit hartnäckige Nationalisten, religiöse Fundamentalisten und Autokraten gefördert. Sie ist mit vielen der schwerwiegendsten regionalen und globalen Herausforderungen verbunden, die sich auf das Leben und Wohlergehen von Millionen Menschen auswirken: Besatzung, Rassismus, Unterdrückung von Frauen, religiöse Intoleranz, wirtschaftliche Ausbeutung und Umweltzerstörung.
Die Kampagne ist auch dadurch international, dass es sich bei der kurdischen Frage um ein internationales Problem handelt. Kurdistan ist unter vier Staaten aufgeteilt: Türkei, Iran, Irak und Syrien. Es waren die europäischen Mächte, darunter Großbritannien und Frankreich, die diese Teilung vor einem Jahrhundert geschaffen haben. Das die Türkei überhaupt in der Lage ist, im gesamten Nahen Osten Krieg gegen die Kurd:innen zu führen, ist das Ergebnis jahrzehntelanger bedingungsloser Unterstützung durch Deutschland, die Vereinigten Staaten und andere NATO-Mitglieder - und der neuen Strategie der Türkei, diese Mächte gegen andere Staaten wie Russland und den Iran auszuspielen, um von allen Seiten antikurdische Zugeständnisse zu erlangen.
Sie ist auch deshalb international, weil Öcalans Lösungen international sind. Die von ihm entworfene Roadmap für eine politische Lösung der kurdischen Frage könnte ein Jahrhundert des Krieges und der Unterdrückung in der Türkei und den Nachbarländern beenden. Die universellen Theorien, die den Rahmen für seine Lösungen bilden, sind ein Modell für Menschen überall auf der Welt, die nach Alternativen und Antworten auf die großen Krisen unserer Zeit suchen - von der zunehmenden Ungleichheit über den Klimawandel bis hin zum Aufstieg rechtsextremer Autokraten, die die wachsende Enttäuschung über das System ausnutzen.
Wenn Abdullah Öcalan frei wäre und die Möglichkeit hätte, sich an einem politischen Prozess zur Lösung der kurdischen Frage zu beteiligen, seine Ideen einzubringen und weiterzuentwickeln, würde das Ergebnis mehr Freiheit und mehr Frieden für uns alle sein. Das weiß die autoritäre Führung in der Türkei und fürchtet dieses Szenario sehr - und so hält sie Öcalan mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft seit fast drei Jahren in totaler Isolation, um ihre eigene Macht zu erhalten und ihre endlosen Kriege zu verlängern.
Im letzten Gespräch mit seinen Anwält:innen, das 2019 stattfand, sagte Öcalan, er könne die kurdische Frage innerhalb einer Woche lösen, wenn man ihm die Chance dazu gäbe - und dass er seine Ideen für eine politische Lösung der kurdischen Frage sogar noch weiterentwickelt hat, seit die türkische Regierung die Friedensgespräche abgebrochen hat. Da die Türkei ihre Besetzung von Irakisch-Kurdistan und Nord- und Ostsyrien ausweitet und gegen Andersdenkende im In- und Ausland vorgeht, brauchen das kurdische Volk und andere Völker der Türkei, die Gemeinschaften des Nahen Ostens und die Welt jetzt mehr denn je eine politische Lösung.
Wir sind mehr denn je in großer Sorge um die Sicherheit und das Wohlergehen von Öcalan. Isolationshaft ist international als eine Form der Folter anerkannt. Wenn diese Form der Folter drei Jahre lang anhält, ist das äußerst gefährlich, da diese auch als „weiße Folter“ bekannte Misshandlung schwerwiegende Folgen sowohl für die psychische als auch für die physische Gesundheit der Betroffenen hat. Wir wissen nichts über Öcalans aktuellen Zustand, abgesehen von der Tatsache, dass gegen ihn vor kurzem mehrere „Disziplinarstrafen" verhängt wurden, um unter falschem Vorwand ein Treffen zu verhindern, und dass er vermutlich mit dem Tode bedroht wurde.
Diese Situation ist unhaltbar. Aus diesem Grund stellen wir die folgende Forderung:
Abdullah Öcalan muss die Möglichkeit erhalten, sich mit seinen Anwält:innen und seiner Familie zu treffen und schließlich unter Bedingungen freigelassen werden, die es ihm ermöglichen, eine Rolle bei der Suche nach einer gerechten und demokratischen politischen Lösung für den jahrzehntelangen Konflikt in der Türkei zu spielen.