Aus Protest gegen das von Tierschutzorganisationen als „Massakergesetz“ kritisierte Gesetz zur Tötung von Straßenhunden haben Aktivist:innen in Izmir und Eskişehir einen dreitägigen Hungerstreik durchgeführt. Sie fordern den sofortigen Rückzug des Gesetzes, das 2024 auf Initiative des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Kraft trat und eine massenhafte Tötung herrenloser Tiere ermöglicht.
In Izmir versammelten sich die Aktivist:innen zum Abschluss ihres Protests im Verein der Stadtinstitute, in Eskişehir auf der belebten Doktorlar Caddesi. Begleitet wurden die Aktionen von Transparenten mit Aufschriften wie „Gemeinsamer Widerstand gegen das Massakergesetz“ und „Kastrieren, impfen, am Ort belassen“.
„Diese Gesetzgebung ist ein Angriff auf das Leben“
Die Initiator:innen in Izmir – darunter Bilge Berk, Mansur Karaca und Kaan Gencel – erklärten, dass es sich bei dem Gesetz um einen politischen Versuch handle, das Thema auf dem Rücken der Tiere zu instrumentalisieren. Die systematische Tötung von Straßenhunden sei keine Lösung, sondern ein „Bruch mit ethischen, wissenschaftlichen und verfassungsmäßigen Grundsätzen“.

„Dieses Gesetz ist nicht nur ungerecht, sondern auch Ausdruck eines autoritären Regierungsverständnisses, das Leben nach Nützlichkeit bewertet“, hieß es in der Erklärung. Die Aktivist:innen betonten, dass sie ihre Aktion auch als symbolische Solidarität mit den Tieren verstünden, die in staatlichen Einrichtungen verhungerten, verdursteten oder lebendig begraben würden.
„Auch kommunale Verwaltungen tragen Verantwortung“
In Eskişehir übte Nafi Ülker, Sprecher der Vegangen Gesellschaft Eskişehir (Veganesk), scharfe Kritik an den Kommunalverwaltungen – nicht nur an Bürgermeister:innen der regierenden AKP: „Trotz gegenteiliger Aussagen ihres Parteivorsitzenden erleben wir in vielen Städten, dass CHP-geführte Kommunen die tödlichen Vorgaben faktisch umsetzen. Diese Doppelmoral werden wir öffentlich machen.“ Ülker forderte eine Tierschutzpolitik, die sich auf transparente, überprüfbare und ethisch vertretbare Grundlagen stützt – in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteur:innen.

Konkret fordern die Aktivist:innen:
▪ Rücknahme des Gesetzes und Einführung einer neuen Regelung, die das Leben und die Freiheit der Tiere schützt. Die bestehende Praxis „kastrieren, impfen, am Ort belassen“ (gemäß §6 des Gesetzes 5199) soll beibehalten und vor allem umgesetzt werden.
▪ Verwandlung von Tierheimen in tiermedizinische Versorgungszentren. Aufbau von flächendeckenden Kastrations- und Erste-Hilfe-Einrichtungen in allen Städten und Gemeinden.
▪ Sofortiger Stopp der Tier-Einfangaktionen. Einführung transparenter Verwaltungsstrukturen in Tierheimen, die jederzeit für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Einführung verpflichtender Kameraüberwachung sowie der dauerhaften Präsenz tierärztlicher Fachkräfte.
▪ Verbot von Zucht und Verkauf sogenannter Heimtiere in „Petshops“. Verstöße sollen mit hohen Bußgeldern geahndet werden.
▪ Härtere Strafen bei Tierquälerei, auch gegen kommunale Einrichtungen, die systematisch Gewalt gegen Tiere praktizieren.
▪ Schließung von Organisationen und Medien, die Hass gegen Tiere schüren, wie etwa der „Verein für sichere Straßen“. Verantwortliche sollen zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein Protest aus ethischem Gewissen
Beide Protestgruppen betonten, dass ihr Hungerstreik nicht nur eine politische Botschaft, sondern ein Akt der Solidarität sei. „Unser Hunger ist ihr Hunger – unser Protest ist ihre Stimme“, sagte Bilge Berk zum Abschluss.