Die am Freitag in der Provinz Şirnex (tr. Şırnak) festgenommene Journalistin Selamet Turan muss ins Gefängnis. Ein türkisches Gericht in der kurdischen Metropole Amed (Diyarbakır), wohin Turan nach ihrer Festnahme durch die Antiterrorpolizei gebracht wurde, ordnete am Montag Untersuchungshaft an. Der von der Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır gegen die in Cizîr (Cizre) lebende freiberufliche Medienschaffende erhobene Vorwurf lautet auf „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“. Die Anschuldigungen sollen im Zusammenhang mit der Tätigkeit Turans für die freie kurdische Presse stehen, hieß es aus Anwaltskreisen. Sie wird vermutlich in das Frauengefängnis Diyarbakır gebracht. Ob und wann mit einer Anklage zu rechnen ist, sei derzeit noch unklar.
Die ebenfalls am Freitag, jedoch in Istanbul festgenommene und anschließend nach Kocaeli verbrachte Journalistin Kibriye Evren wurde indes freigelassen. Ein Gericht in der westtürkischen Provinz verwarf den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Untersuchungshaft, verhängte allerdings Meldeauflagen – als sogenannte „Präventivmaßnahme“. Der Mechanismus gilt als Alternative zur Haft und wird von der türkischen Justiz exzessiv ausgeschöpft, um unliebsame Personen unter Kontrolle zu halten. Grundlage ist das 2013 in Kraft getretene Gesetz zur „Freilassung unter Kontrolle“.
Kibriye Evren (l.) und Selamet Turan (c) JinNews
Wie im Fall von Turan wird Evren, die als Redakteurin für die feministische Frauennachrichtenagentur JinNews arbeitet, zur Last gelegt, Mitglied einer als „terroristisch“ eingestuften Vereinigung zu sein. Darüber hinaus wirft man ihr Terrorismusfinanzierung vor. Der Vorgang steht im Zusammenhang mit einer Geldzuwendung Evrens für eine frühere Zellengenossin. Die Journalistin saß schon mehrfach im Gefängnis – zuletzt war sie zwischen 2018 und 2019 mehr als ein Jahr lang in Amed in Untersuchungshaft. Nach ihrer Entlassung unterstützte sie eine politische Gefangene mit kleineren Beträgen. Doch daraus konstruierten die türkischen Behörden offenbar angebliche Straftaten.
„Ich weise die Vorwürfe gegen meine Person zurück und verstehe dieses Verfahren als juristische Schikane und Angriff auf den freien Journalismus“, sagte Evren laut ihrer Rechtsanwältin Şule Recepoğlu bei ihrer richterlichen Vernehmung. Die Juristin teilte zudem mit, dass in dem Fall auch gegen fünfzehn weitere Personen wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung ermittelt werde und auch diese mit polizeilichen Meldeauflagen belegt worden seien. Die Plattform der Journalistinnen Mesopotamiens (MKGP) dagegen, der Kibriye Evren und auch Selamet Turan angehören, vermutet hinter dem Vorgehen gegen ihre Mitglieder den Beginn einer gezielten Repressionsstrategie, um kritische kurdische Medien im Vorfeld der Kommunalwahl am 31. März auszuschalten.