1.200 Menschen bei „Wir feiern eure Kriege nicht“-Protest

Beim ersten „Veteranentag“ protestierten rund 1.200 Menschen in Berlin gegen Militarismus, Rüstungspolitik und die Normalisierung von Krieg. Jugendliche inszenierten eine eindrückliche Protestaktion – blutbefleckt und reglos vor dem Reichstag.

#NoVeteranentag in Berlin

Rund 1.200 Menschen haben am Sonntag in der Hauptstadt Berlin gegen den erstmals bundesweit begangenen „Veteranentag“ demonstriert. Unter dem Motto „Veteranentag? Wir feiern eure Kriege nicht!“ zogen antimilitaristische, antifaschistische, antirassistische, feministische und Palästina-solidarische Gruppen vom S-Bahnhof Friedrichstraße über Unter den Linden bis zur Marschallbrücke – in Sichtweite des Reichstagsgebäudes.

Der ursprünglich geplante Kundgebungsort direkt am sogenannten „Veteranendorf“, das eigens um den Reichstag errichtet wurde, war von der Polizei nicht genehmigt worden. Stattdessen wurde der Protest auf die gegenüberliegende Spreeseite verlegt – für die Demonstrierenden ein gezielter Ausschluss kritischer Stimmen. „Besucher:innen des Veteranentags sollten offenbar keine kritischen Perspektiven hören. Protest wurde aktiv verdrängt“, sagte Franziska Weber, Sprecherin des veranstaltenden Bündnisses.

Die Demonstrierenden kritisierten die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft, steigende Rüstungsausgaben sowie das politische Werben für Auslandseinsätze der Bundeswehr – etwa in der Ukraine, im Nahen Osten oder am Horn von Afrika. Deutlich wurde auch die Ablehnung gegenüber der von vielen als unausweichlich wahrgenommenen Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Ein besonderer Fokus lag auf der Kritik an der Rolle Deutschlands im Krieg im Gazastreifen. In mehreren Redebeiträgen, darunter von Bundeswehr-Veteran und Whistleblower Daniel Lücking sowie Politikwissenschaftler Ingar Solty, wurde der Bundesregierung vorgeworfen, mit militärischer und diplomatischer Rückendeckung die israelische Kriegsführung mitzuverantworten.

Die-in gegen Krieg und Militarismus

Für Aufsehen sorgte eine kreative Protestaktion von etwa 30 Jugendlichen der Gruppe YUNA – Demokratische Jugend Berlin. Während einer Bühnenshow im Veteranendorf mit der CDU-Politikerin Julia Klöckner ließen sich die Jugendlichen in blutbefleckten weißen T-Shirts „wie tot“ vor der Bühne fallen – reglos und inmitten der Besucher:innen. Die Veranstaltung wurde kurzzeitig unterbrochen, die Jugendlichen schließlich von der Polizei abgetragen.

„Dem Krieg zu gedenken, heißt für mich zu sagen: Nie wieder. Nie wieder das sinnlose Abschlachten von tausenden Jugendlichen, die angespornt von Erzählungen der Vaterlandsverteidigung an die Front geschickt werden, um andere Jugendliche zu töten, denen das gleiche erzählt wird. Der Veteranentag ist eine Werbekampagne für die Bundeswehr: Kein mahnendes Gedenken, sondern ein militaristisches Volksfest. Die Kriege, die die Regierenden feiern, bedeuten für uns den Tod. Wir sind hier für den Frieden und um zu sagen: Wir feiern eure Kriege nicht!“, sagte Eda eine 17-jährige Schülerin aus Berlin, die sich an dem Die-in beteiligte.

„Nicht unsere Helden“ stand auf den T-Shirts der Aktivist:innen von YUNA

Mit der Aktion wollten die Jugendlichen auf die Diskrepanz zwischen propagierter Erinnerungskultur und tatsächlicher Militärpolitik aufmerksam machen. Sie forderten ein Ende der Bundeswehr-Werbung an Schulen, den Stopp von Waffenexporten und eine friedensorientierte Außenpolitik.

Jugend braucht Zukunftsperspektive

„Was Berliner Jugendliche brauchen, ist bezahlbarer Wohnraum, jugendliche Freiräume und eine Zukunftsperspektive. Stattdessen steigen die Preise und Jugendclubs schließen. Mitschüler von uns werden abgeschoben und die Wehrpflicht kommt. Währenddessen gibt es endlos Geld für Aufrüstung. Wir fordern ein Ende des Massakers an unseren Familien und den unserer Nachbarn in Gaza, dass sich die Bundesregierung für ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine einsetzt und ein Stopp aller deutschen Waffenlieferungen“, sagte Ilias, ein18-jähriger Auszubildender.

Repression gegen Palästina-Solidarität

Ein weiterer Schwerpunkt der Demonstration war die anhaltende Repression gegen Palästina-solidarische Bewegungen in Berlin. Auch der internationalistische Block innerhalb der Demonstration war davon betroffen. Nach Angaben der Veranstalter:innen kam es zu mindestens fünf Festnahmen, unter anderem wegen des Tragens von Symbolen, deren Verbot die Polizei später als irrtümlich einräumte.

Breit aufgestelltes Bündnis

„Wir wehren uns gegen die rassistische Unterdrückung von Protest migrantisierter Menschen durch die Polizei. Wir sehen das als Angriff auf unser aller Meinungsfreiheit.“ sagte Franziska Weber. Das Bündnis, dem neben YUNA auch Aufstehen Spandau, Gemeinsam Kämpfen, Internationalistisches Bündnis Berlin, Linke BO Wedding, Linksjugend [‘solid] Berlin, Linksjugend [‘solid] Berlin Mitte/Pankow, North-East Antifascists, Offenes Antifa-Treffen Berlin, Revolutionäre Perspektive Berlin, Rheinmetall Entwaffnen Berlin, Stop Arming Israel, Solid Berlin Mitte/Pankow, Vereinigtes Palästinensisches Nationalkomitee, Women Defend Rojava und Young Struggle Berlin angehören, kündigte an, die Kritik an Veteranentag und Militarisierung auch in Zukunft weiter in die Öffentlichkeit zu tragen.