Demokratie statt Eskalation
Der Fraktionsvorsitzende der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), Sezai Temelli, hat in einer Pressekonferenz im türkischen Parlament die Einrichtung einer Kommission zur Lösung der kurdischen Frage gefordert. Vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen im Nahen Osten und eskalierender Repressionen im Inland betonte Temelli die Notwendigkeit eines umfassenden demokratischen Wandels. „Die erste Aufgabe dieses Parlaments muss es sein, eine Friedenskommission einzurichten“, sagte der Abgeordnete am Montag in Ankara.
Eskalation zwischen Israel und Iran: Frieden ist die einzige Antwort
Temelli warnte angesichts der aktuellen militärischen Eskalation zwischen Israel und Iran vor weiteren Konflikten. „Der Krieg muss umgehend gestoppt werden. Am meisten leiden immer die Völker“, sagte er. Der Politiker kritisierte insbesondere das Agieren autoritärer Regime in der Region: „Weder das israelische noch das iranische Regime noch andere autoritäre Systeme haben den Völkern der Region Freiheit oder Stabilität gebracht.“
Stattdessen warb Temelli für die demokratische Lösung von Konflikten. Eine zentrale Rolle spiele dabei die kurdische Frage: „Ein dauerhafter Frieden in der Türkei würde auch eine positive Dynamik in Syrien, im Irak und für das palästinensische Volk erzeugen.“
Kommission zur kurdischen Frage: Parlament muss aktiv werden
Ausdrücklich verwies Temelli auf den Appell von Abdullah Öcalan vom 27. Februar, in dem dieser zu Frieden und demokratischer Gesellschaft aufgerufen hatte. Der anschließenden Erklärung der PKK vom 12. Mai, in der ein möglicher Rückzug und Waffenstillstand angekündigt wurden, sei jedoch bislang keine politische Initiative von Seiten der türkischen Regierung gefolgt.
„Jetzt ist es Zeit, Verantwortung zu übernehmen“, so Temelli. Der Parlamentspräsident Numan Kurtulmuş habe eine mögliche Initiative angedeutet. „Alle Parteien im Parlament unterstützen grundsätzlich die Idee einer Kommission. Dann müssen wir zusammenkommen und handeln.“ Eine solche Kommission könne auch über die Türkei hinaus Wirkung entfalten: „Ein demokratisches Zusammenleben von Kurd:innen und Türk:innen ist der Schlüssel für die gesamte Region.“
Menschenrechtslage in Gefängnissen: Untragbare Zustände
Scharfe Kritik übte Temelli auch an der Situation in türkischen Gefängnissen. Besonders die Haftanstalten in Bolu und Karabük seien „Orte systematischer Misshandlungen“. Dort würden politische Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten. „Diese Gefängnisleitungen agieren jenseits von Recht und Kontrolle. Weder Minister noch Präsident haben Einfluss auf sie. Das ist ein untragbarer Zustand“, so Temelli.
Wirtschaftskrise: Gemeinsamer Gesetzesvorschlag der Opposition
In wirtschaftspolitischer Hinsicht warf Temelli der Regierung vor, gezielt arme Bevölkerungsschichten zu belasten: „Die Preissteigerungen treffen die arbeitende Bevölkerung mit voller Wucht.“ Besonders scharf ging er mit der Statistikbehörde TÜIK ins Gericht, die er der systematischen Fälschung von Inflationszahlen beschuldigte. Ein entsprechender Strafantrag gegen deren Präsidenten sei eingereicht worden.
Temelli kündigte auch einen gemeinsamen Gesetzesentwurf der Oppositionsparteien an, der vor der Sommerpause im Parlament eingebracht werden soll: „Die Regierung darf die Krise nicht weiter auf dem Rücken der Armen austragen. Die Gewerkschaften und Rentner müssen sich gegen diese Enteignung wehren.“
Besuchsanträge für inhaftierte Politiker
Abschließend bestätigte Temelli, dass die Parteivorsitzenden Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan beim Justizministerium um die Genehmigung eines Besuchs beim inhaftierten Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu gebeten haben. Auch andere inhaftierte Politiker sollen besucht werden, darunter der frühere Bürgermeister der kurdischen Stadt Wan (tr. Van), Bekir Kaya. Eine Antwort der Behörden stehe jedoch noch aus.