Kurdische Journalist:innen bleiben in Haft

Die 16 in Amed verhafteten Journalist:innen bleiben im Gefängnis, Anträge auf Aufhebung der Haftbefehle wurden zurückgewiesen. Rechtsanwalt Resul Temir sieht die Europäische Menschenrechtskonvention und die türkische Verfassung verletzt.

Das Amtsgericht Diyarbakir (ku. Amed) hat die Untersuchungshaft der Mitte Juni verhafteten Journalist:innen zum zweiten Mal verlängert. Das wurde bei einem Haftprüfungstermin der 16 kurdischen Journalist:innen vor der 5. Strafabteilung des Amtsgerichts entschieden.

Rechtsanwalt Resul Temur, der die Journalist:innen vertritt, forderte die Aufhebung der Haftbefehle und wies darauf hin, dass die Ermittlungsakte nach der Festnahme seiner Mandant:innen nur teilweise zugänglich war, obwohl keine juristische Anordnung vorgelegen habe. Dementsprechend sei eine vollständige Akteneinsicht nicht möglich gewesen, was auch dem in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegten Recht auf einen fairen Prozess widerspreche.

Die sechsseitigen Haftanträge waren bereits wenige Minuten nach der staatsanwaltschaftlichen Anhörung fertig, sagt der Rechtsanwalt. Es sei offensichtlich gewesen, dass sie bereits vor der Vorführung seiner Mandant:innen bei der Staatsanwaltschaft erstellt wurden. Auch der seinen Mandant:innen gemachte Vorwurf, sie würden sich den Anschein von Medienorganen geben, „um das Endziel der Organisation zu erreichen“, komme im Strafrecht nicht vor und habe keine juristische Grundlage.

Hintergrund: Verhaftung von Journalist:innen als Terrorverdächtige

Insgesamt fünfzehn Journalistinnen und Journalisten sowie eine Buchhalterin waren am 15. Juni wegen des „dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ in Amed verhaftet worden. Zuvor wurden sie eine Woche lang in Polizeigewahrsam in Einzelzellen der örtlichen Antiterrorzentrale festgehalten. Die Betroffenen arbeiten alle für Medien und Produktionsfirmen in der Tradition der freien kurdischen Presse. Die türkischen Behörden werten dies als „Pressearbeit“ für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Obwohl die Ermittlungsakten einer Geheimhaltungsklausel unterliegen, berichteten regierungsnahe Medien bereits früh, dass die Festnahmen im Rahmen einer „Anti-Terror-Operation“ gegen das „PKK-Pressekomitee“ durchgeführt worden seien. Im Zuge des von der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakır geführten Ermittlungsverfahrens wurden sechs Medieneinrichtungen durchsucht, darunter zwei Nachrichtenagenturen (MA und JinNews) und eine kurdischsprachige Zeitung (Xwebûn).

Auch die Produktionsfirmen Piya, Ari und Pel wurden im Zuge des Repressionsschlags ins Visier genommen. Das Medienmaterial in diesen Einrichtungen wurde von der Polizei beschlagnahmt, die eingezogenen Kameras wurden in der polizeilichen Antiterrorabteilung als Beweismittel für die Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation” präsentiert. Die internationale Schriftstellervereinigung PEN bezeichnete das Vorgehen der türkischen Behörden gegen die kurdische Presse als „Teil eines systematischen Versuchs“, unabhängige Medien in der Türkei zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit einzuschränken.

Namen und Funktionen der Verhafteten

Bei den Verhafteten handelt es sich um die Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews, Safiye Alagaş, den Ko-Vorsitzenden des Journalistenvereins Dicle-Firat (DFG), Serdar Altan, den Redakteur der Nachrichtenagentur MA, Aziz Oruç, die beiden Redakteure der kurdischsprachigen Zeitung Xwebûn, Mehmet Ali Ertaş, und Zeynel Abidin Bulut, den Moderator und ehemaligen MA-Redakteur Ömer Çelik, die Moderatorinnen Neşe Toprak und Elif Üngür, die Kameraleute Mazlum Doğan Güler, Ibrahim Koyuncu, Abdurrahman Öncü, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Lezgin Akdeniz und Mehmet Şahin sowie um Remziye Temel, Buchhalterin von Piya Production.