Zwölf Journalist:innen festgenommen - UPDATE

In der Türkei sind zwölf Journalist:innen der Agentur MA und der Frauennachrichtenagentur JinNews festgenommen worden. Die Akte steht unter Geheimhaltung, die Betroffenen haben keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand.

Im Rahmen von zeitgleichen Razzien sind zwölf Journalist:innen in Ankara, Istanbul, Wan, Amed (tr. Diyarbakır), Riha (tr. Urfa), Mersin, Manisa und Mêrdîn festgenommen worden. Bei den Festgenommenen handelt es sich um die Chefredakteurin der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), Diren Yurtsever, die MA-Korrespondent:innen Deniz Nazlım, Selman Güzelyüz, Zemo Ağgöz, Berivan Altan, Hakan Yalçın, Emrullah Acar und Ceylan Şahinli sowie die JinNews-Korrespondentinnen Habibe Eren und Öznur Değer. Der Journalist Mehmet Günhan, ein ehemaliger Praktikant von MA, wurde in seiner Wohnung in Manisa festgenommen. Außerdem wurde die JinNews-Reporterin Derya Ren im Rahmen eines anderen Verfahrens in ihrer Wohnung in Amed festgenommen.

Geheimhaltungsverfügung verhängt

In dem Verfahren wurde eine Geheimhaltungsverfügung verhängt. So bleibt unklar, wessen die Journalist:innen angeklagt werden. Die Festgenommenen haben keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, der Kontakt zu Rechtsanwält:innen wurde für 24 Stunden untersagt. Nach Angaben der Polizeidirektion Ankara wird nach drei weiteren Journalist:innen gefahndet. Die Festnahmen wurden von der Generalstaatsanwaltschaft Ankara angeordnet. Alle Festgenommenen sollen in die Hauptstadt gebracht werden.

Übergriffe und Drohungen

Die Festnahmen waren von Übergriffen und Drohungen begleitet. In der Redaktion der Nachrichtenagentur Mezopotamya in Ankara wurden Bilder der in den 1990er Jahren ermordeten Journalist:innen beschlagnahmt. Das Bild der kurdischen Journalistin und Jineolojî-Forscherin Nagihan Akarsel, die am 4. Oktober vom türkischen Geheimdienst MIT in Silêmanî ermordet worden war, wurde sogar von der Polizei zerrissen.

Spezialeinheiten der Polizei schlugen mit Rammböcken die Türen der Wohnungen der Journalist:innen ein und richteten Sturmgewehre auf sie. Der Journalistin Berivan Altan und ihren bei ihr festgenommenen Kolleginnen wurden die Hände auf den Rücken gefesselt und sie mussten längere Zeit auf dem Bauch liegend warten. Wie zu erfahren war, setzten sich die Polizeibeamten auf die Journalistinnen, sie wurden auf den Boden gedrückt, beschimpft und beleidigt. Ein Polizeibeamter bedrohte Berivan Altan mit den Worten: „Ich weiß, was ich mit Ihnen machen werde, Sie werden es sehen, wenn wir hier weggehen.“ Andere wurden beleidigt und unter Waffenandrohung gefragt, ob sie Türken seien.

Die freie Presse wird sich von diesen Angriffen nicht abschrecken lassen“

Journalist:innenverbände protestieren gegen den Angriff auf die Pressefreiheit. Die Journalistenvereinigung Dicle Fırat (DFG) erklärte: „Die festgenommenen Journalist:innen von MA und JinNews sind Mitglieder unserer Vereinigung. Sie wurden am Morgen bei einer Razzia in ihren Wohnungen festgenommen. Auch das Büro von MA in Ankara wurde im Rahmen der Operation durchsucht. Wir verurteilen diese Operation, die darauf abzielt, Journalist:innen zum Schweigen zu bringen. Die freie Presse wird sich von diesen Angriffen nicht abschrecken lassen.“

Die Pressegewerkschaft Basın-Iş, die im Gewerkschaftsverband DISK organisiert ist, erklärte: „Journalismus ist kein Verbrechen, lassen Sie unsere Kolleg:innen sofort frei!“

Die Journalistinnenplattform Mezopotamya (MKGP) erklärte: „Mit der Einschüchterungspolitik gegenüber der Presse wird versucht, Journalistinnen zu unterdrücken. Wir haben es gestern gesagt und wir sagen es heute: Man kann den Journalismus nicht zum Schweigen bringen. Diese Repressions- und Einschüchterungspolitik wird ihr Ziel nicht erreichen. Wir werden nicht aufhören, die Wahrheit zu schreiben. Nehmen Sie die Hände von den Journalist:innen. Die Justiz und Verhaftungen werden die Journalistinnen nicht dazu bringen, auch nur einen Schritt zurückzutreten.“

Auch die Gewerkschaft der Journalist:innen in der Türkei solidarisierte sich mit den Festgenommenen.

In der Türkei sind nach Angaben von Berufsverbänden mehr als 70 Medienschaffende im Gefängnis, mindestens zehn von ihnen sind Frauen. Bei der letzten großen Repressionswelle gegen Medienschaffende im Juni wurden 16 Journalist:innen in Amed verhaftet.