KJK: „Wir rufen zur Verteidigung der Frauenrevolution auf!“

Die in Silêmanî ermordete Nagihan Akarsel war fast dreißig Jahre in der kurdischen Frauenbewegung aktiv. Die KJK ruft zur weltweiten Verteidigung der Frauenrevolution auf und verurteilt die Verlogenheit angeblich feministischer Außenpolitik.

Der Ausschuss für demokratische Beziehungen und Bündnisse der KJK (Gemeinschaft der Frauen Kurdistans) hat den tödlichen Anschlag auf Nagihan Akarsel in Silêmanî am heutigen Vormittag verurteilt. Wie die KJK mitteilt, war Nagihan Akarsel seit fast dreißig Jahren als Journalistin und Autorin in der kurdischen Frauenbewegung aktiv und arbeitete als Mitglied der Akademie für Jineolojî und Redakteurin für die gleichnamige Zeitschrift. Aufgrund ihres Engagements war sie eine bekannte Persönlichkeit in der kurdischen Gesellschaft und unter den Frauen. Der gezielte Mord sei das „jüngste Beispiel für die Massakerpolitik des faschistischen türkischen Staates gegen die Pionierinnen der Frauenrevolution in Kurdistan“.

Der Mord an Nagihan Akarsel ist kein Einzelfall“

Weiter erklärt die KJK: „Der Mord an Nagihan Akarsel ist kein Einzelfall. Vor allem in den letzten zehn Jahren hat der faschistisch-frauenfeindliche türkische Staat versucht, die aufstrebende Frauenrevolution in Kurdistan durch die Ermordung ihrer Pionierinnen zu verhindern und zu stoppen. In diesem Sinne besteht ein ganz klarer Zusammenhang zwischen dem Massaker vom 9. Januar 2013 in Paris an Sakine Cansız, dem Massaker von Kobanê am 23. Juni 2020 an den Pionierinnen von Kongra Star und schließlich der Ermordung unserer Freundin Nagihan Akarsel.

Der faschistische türkische Staat ist sich der führenden Rolle bewusst, die die organisierte Frauenpower innerhalb der Freiheitsbewegung Kurdistans spielt. Deshalb nimmt er systematisch führende Mitglieder der Frauenbewegung ins Visier, um unseren Widerstand zu zerstören, unseren revolutionären Willen zu brechen und so unseren Freiheitskampf zu liquidieren.

Darüber hinaus ist der Mord von Nagihan Akarsel das letzte Glied in einer Reihe von Attentaten, die der türkische Geheimdienst im letzten Jahr in Başûr [Südkurdistan] verübt hat und die zur Ermordung von vier Mitgliedern und Patrioten der Freiheitsbewegung führten. Da alle diese Morde in der Stadt Silêmanî begangen wurden, sind auch die kurdische Regionalregierung und die kurdische Regionalregierung verantwortlich. Wir nehmen es nicht hin, dass der kurdenfeindliche türkische Staat seine schmutzigen Pläne und brutalen Morde in dem von kurdischen Kräften kontrollierten Gebiet durchführt. Wir erwarten von der Provinzregierung von Silêmanî, dass sie unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Mörder zu fassen und die Sicherheit der Kurdinnen und Kurden in Kurdistan zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass alle schmutzigen Aktivitäten des faschistischen türkischen Staates innerhalb der Grenzen von Başûr verhindert werden müssen.

Einem globalen Gegenangriff der Frauenfeindlichkeit ausgesetzt“

Wenn wir die Situation jenseits unserer eigenen Grenzen betrachten, können wir eine ähnliche Politik und Haltung gegenüber revolutionären Frauen der Avantgarde in verschiedenen Teilen der Welt feststellen. Dies zeigt, dass wir einem globalen Gegenangriff der kapitalistischen Frauenfeindlichkeit ausgesetzt sind, die zu verhindern versucht, dass unser Jahrhundert zu einer Ära der Frauenbefreiung wird.

Deshalb greifen sie uns auch so brutal, organisiert und systematisch an. Es gibt jedoch eine Wahrheit, die sie gerne vergessen: Egal, was sie tun, sie werden uns nicht daran hindern können, unsere Freiheit zu verwirklichen, sie werden den Weg der Frauenrevolution nicht blockieren können. Wenn eine von uns fehlt, werden wir ihren Platz mit Tausenden füllen. Diese Realität zeigt sich heute am deutlichsten in Rojhilat [Ostkurdistan] und Iran, in den Serhildan [Aufstände], die als Reaktion auf den Tod von Jîna Amini organisiert wurden.

„Feministische Außenpolitik“

Als konföderale Dachorganisation der Freiheitsbewegung der Frauen Kurdistans verurteilen wir mit Hass den faschistischen türkischen Staat, einen mörderischen Staat, und seine lokalen Kollaborateure. Wir verurteilen auch die zwischenstaatliche Gemeinschaft, deren Mitglieder behaupten, eine ,feministische Außenpolitik' zu betreiben und das Massaker des türkischen Staates an kurdischen Revolutionärinnen innerhalb und außerhalb seiner Grenzen gutheißen.

„Die Frauenrevolution verteidigen, frauenfeindliche Regime stürzen!“

Wir rufen die Frauen Kurdistans und der Welt auf, sich entschieden gegen die völkermörderische Politik der Türkei gegenüber den Mitgliedern und Unterstützenden der Freiheitsbewegung Kurdistans und insbesondere der Frauenbewegung zu stellen. Als Frauen der Welt ist es wichtiger denn je, dass wir uns organisiert und wirksam zur Wehr setzen gegen die Gegenangriffe des globalen patriarchalischen Systems, das versucht, die Verwirklichung der Ära der Frauenrevolution zu verhindern. In diesem Sinne rufen wir insbesondere autonome Frauengruppen, revolutionäre Bewegungen, feministische Wissenschaftlerinnen und alle Frauen, die für ein freies Leben kämpfen, dazu auf, sich das Andenken an Nagihan Akarsel und den Widerstand, den sie repräsentiert, zu eigen zu machen und gegen ihre Ermordung zu protestieren. Wir rufen dazu auf, die Frauenrevolution zu verteidigen, indem wir uns entschieden gegen alle Arten von Angriffen auf die Freiheitsbewegung der Frauen Kurdistans stellen.

Lasst uns alle faschistischen und frauenfeindlichen Regime stürzen, indem wir unsere Aufstände in eine weltweite Frauenrevolution verwandeln! Lasst uns das Andenken an unsere Weggefährtin Nagihan Akarsel bewahren, indem wir unseren gemeinsamen Kampf und unsere Organisation auf eine höhere Ebene heben, die auf Jineolojî basiert!"

Wer war Nagihan Akarsel?

Nagihan Akarsel stammte aus Konya in der Türkei und bereits als Studentin politisch aktiv. Sie arbeitete lange Zeit als Journalistin und Autorin und war aufgrund ihres Engagements in der kurdischen Frauenbefreiung jahrelang im Gefängnis. In den schwierigsten Jahren der Frauenrevolution in Rojava förderte sie die Bildungsarbeit im Bereich der Jineolojî. Sie betrieb Feldforschung zur Situation von Frauen nach dem vom „Islamischen Staat“ (IS) begangenen Genozid und Femizid in Şengal. Zuletzt arbeitete sie mit Frauen aus Südkurdistan im Forschungszentrum für Jineolojî. Eines ihrer laufenden Projekte war die Einrichtung einer kurdischen Frauenbibliothek. Nagihan Akarsel wurde am 4. Oktober 2022 vor ihrer Wohnung in Silêmanî erschossen. Der oder die Täter wurden nicht gefasst.