Hêlîn Ümit: Öcalan richtig deuten und seinen Weg in die Praxis überführen

In ihrem Beitrag auf dem 12. Kongress der PKK deutet Zentralkomitee-Mitglied Hêlîn Ümit den aktuellen Schritt zur organisatorischen Auflösung als historisch notwendige Anpassung an veränderte globale und gesellschaftliche Bedingungen.

Wandel im Zeichen der Kontinuität

Die Entscheidung, die Aktivitäten unter dem Namen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu beenden, stellt für Hêlîn Ümit, Mitglied des Zentralkomitees der PKK, keinen Bruch, sondern eine konsequente Weiterentwicklung einer seit Jahrzehnten geführten ideengeschichtlichen und politischen Linie der kurdischen Befreiungsbewegung dar. In ihrem Beitrag auf dem 12. PKK-Kongress, der vom 5. bis 7. Mai in den Medya-Verteidigungsgebieten stattfand, betonte Ümit, dass die ideologische Ausrichtung der PKK seit ihrer Gründung in einem bestimmten historischen und weltpolitischen Kontext entstanden sei – insbesondere unter dem Einfluss marxistischer Theorieansätze, die damals selbst noch in Entwicklung begriffen waren.

Transformation der Ideologie im Lichte historischer Kontexte

Die Entstehung und frühe Formierung der PKK sei untrennbar mit den Bedingungen der damaligen Zeit verknüpft, sagte Ümit. Insbesondere die theoretischen Beiträge Abdullah Öcalans hätten es ermöglicht, sich in späteren Jahren von staatszentrierten Sozialismusmodellen zu lösen und eine alternative Freiheitskonzeption zu entwerfen, die sich zunehmend vom Paradigma des Nationalstaats distanziere. Dieser ideologische Bruch habe nicht nur neue Perspektiven für den kurdischen Befreiungskampf eröffnet, sondern auch einen diskursiven Raum für die Entwicklung eines emanzipatorischen Gesellschaftsentwurfs geschaffen. „Es wurde ein Freiheitsweg eröffnet, der heute differenziert verstanden und praktisch umgesetzt werden muss“, so Ümit.


PKK als kollektive Erfahrung und transnationale Perspektive

In ihren weiteren Ausführungen hob Hêlîn Ümit hervor, dass die PKK im Laufe ihres Bestehens nicht nur für die kurdische Bevölkerung, sondern für emanzipatorische Bewegungen weltweit zu einer Inspirationsquelle geworden sei. Ihre politische Praxis habe über Jahrzehnte hinweg einen Raum geschaffen, in dem sich eine alternative Gesellschaftsidee materialisieren konnte. Diese kollektive Erfahrung sei mit einem tiefgreifenden Verantwortungsbewusstsein verbunden: „Wir alle haben Anteil an dieser Wahrheit – und tragen ihren Stolz“, betonte Ümit.

Kein Rückgriff auf binäre Kategorien

„Hätte dieser Weg möglicherweise auch unter dem Namen PKK fortgeführt werden können? Diese Frage wurde insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungen nach dem Jahr 2000 bereits von verschiedenen Seiten diskutiert – und aus meiner Sicht lagen die strukturellen Voraussetzungen und die notwendige Grundlage dafür durchaus vor. Doch um die gegenwärtige Phase angemessen zu analysieren, plädiere ich dafür, sie nicht lediglich in binären Kategorien wie Erfolg oder Misserfolg zu bewerten. Dieser Rückgriff greift zu kurz. Vielmehr sollte sie im Lichte der gegenwärtigen globalen Konstellationen betrachtet werden – einschließlich veränderter geopolitischer Machtverhältnisse, wissenschaftlicher Fortschritte und technologischer Entwicklungen. Eine solche ganzheitliche Perspektive ist entscheidend, um die aktuelle Transformation in ihrem vollen Bedeutungsgehalt zu verstehen und einzuordnen.“

Politischer Wandel als emotionaler und diskursiver Prozess

Mit Bezug auf Abdullah Öcalans persönliche Einschätzung – „Ich bin aufgeregt“ – beschrieb Ümit den Transformationsprozess als ebenso emotional wie intellektuell fordernd. Die letzten Jahre seien geprägt gewesen von massiver psychologischer Kriegsführung und Unsicherheit, gleichzeitig aber auch von einem wachsenden Bedürfnis nach strukturellem Wandel – sowohl individuell als auch kollektiv.

Öcalans politischen Weg richtig begreifen

„Dies ist die Phase, in der es darauf ankommt, den Vorsitzenden richtig zu verstehen – und in praktisches Handeln zu überführen“, erklärte Ümit. Es gehe nicht nur darum, symbolische Bekenntnisse abzulegen, sondern konkrete Verantwortung für die kommenden Aufgaben zu übernehmen. Sie schloss ihre Ausführungen mit einem persönlichen Versprechen: „Ich bin bereit, über meine Kraft hinaus Verantwortung zu übernehmen – für das richtige Verständnis des Vorsitzenden und für die konsequente Umsetzung seiner politischen Linie.“