Veranstaltung in Frankfurt: „Was Passiert in Kurdistan?“

An der Goethe-Universität Frankfurt haben sich Studierende bei einer Podiumsveranstaltung über die aktuelle Lage in Kurdistan informiert. Insbesondere das Konkrete im Aufbauprozess demokratischer Gesellschaften hat Diskussionen entfacht.

Aufbau einer demokratischen Gesellschaft

Die kurdische Hochschulgruppe Jînda hat gestern zu einer Panelveranstaltung in der Goethe-Universität in Frankfurt a. M. eingeladen. Um sich ein Bild von der aktuellen Situation in Kurdistan und im Nahen Osten sowie von der historisch-gesellschaftlichen und ideologischen Entwicklung der kurdischen Freiheitsbewegung zu machen, folgten rund 25 Studierende dieser Einladung.

Auf dem Podium saßen Rojda A., Journalistin, Menschenrechtsaktivistin und Mitarbeiterin vom Kurdischen Frauenbüro für Frieden e.V. (CÊNÎ) und Mîlan D., Vorstandsmitglied des Dachverbands „Gemeinschaft der kurdischen Hochschulgruppen“ und Teil der lokalen Frankfurter Hochschulgruppe Jînda. Diese hat sich mit der Veranstaltung zum Ziel gesetzt, ein Verständnis für die neue Phase der kurdischen Freiheitsbewegung und den laufenden Prozess mit dem türkischen Staat zu erwirken.

PKK hat ihre historische Aufgabe erfüllt

Mîlan D. eröffnete die Diskussion mit einer historisch-gesellschaftlichen Analyse der kurdischen Freiheitsbewegung. Diese Analyse erklärte die Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als ideologischen und strategischen Schritt. Die PKK habe ihre historische Rolle, die kurdische Identität sichtbar zu machen, erfüllt und eröffne nun den Weg für eine neue Phase der kurdischen Selbstorganisierung und für die Umsetzung des „Paradigmas der Demokratischen Moderne“.

Kriminalisierungspolitik und Friedensprozess

Die Hintergründe der Parteiauflösung und Umstrukturierung illustrierte Rojda A. anhand von vier Hauptgründen. In diesem Zusammenhang verdeutlichte sie auch den Unterschied zwischen der PKK, die sich auflöse, einerseits und der kurdischen Freiheitsbewegung, die auch weiterhin bestehen bleibe, andererseits. Bezüglich dieser Unterscheidung rückte im letzten Teil der Diskussion auch die Kriminalisierungspolitik seitens der deutschen Bundesregierung in den Fokus, wobei ebenfalls an die Solidarität mit allen antifaschistischen Gefangenen appelliert wurde.

Die Demokratische Moderne

Das anschließende Publikumsgespräch beleuchtete verschiedene Aspekte einer demokratischen Gesellschaft; von der wirtschaftlichen Struktur, über die Rolle von Familien bis zur autonomen Organisierung von Frauen. Besonders an den konkreten Schritten zum Aufbau einer demokratischen, gesamtgesellschaftlichen Organisierung zeigten die Studierenden reges Interesse.

Der Austausch verdeutlichte, dass die Ausgangssituation in den vier Teilen Kurdistans jeweils unterschiedlich ist. Sie erforderten demnach eine auf die jeweilige Gesellschaft zugeschnittene Herangehensweise. Im weiteren Verlauf wurde das „Paradigma der Demokratischen Moderne“ gar als Lösungsentwurf für weltweit dringend notwendig erscheinende Demokratisierungsprozesse befunden, der von ebendieser vielfältigen Einsetzbarkeit lebe.

Bedingungen für eine politische Lösung

Auch der „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalans vom 27. Februar habe eine solche internationale Dimension enthalten.

Auf diesen Friedensappell folgte die Auflösungserklärung der PKK. Daher wurde während der Veranstaltung auch diskutiert, welche Bedingungen für einen beidseitigen Waffenstillstand notwendig seien und welche Bedeutung der bewaffnete Widerstand bis dato hatte.

Im Anschluss an das Podium und den gemeinsamen Austausch ergaben sich noch Einzelgespräche in entspannter Atmosphäre. Auf einem Infotisch war außerdem Bildungsmaterial bereitgelegt, an dem sich alle Teilnehmenden bedienen konnten.