„Lasst sie frei“: Solidaritätsaktionen für inhaftierte Medienschaffende

In der Türkei haben Solidaritätsaktionen für 16 Presseleute stattgefunden, die seit Juni unter den üblichen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft sitzen. „Pressefreiheit ist nicht verhandelbar. Lasst sie frei“, fordern kurdische Medienorganisationen.

Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalistinnen und Journalisten weltweit. Vor allem Medienschaffende in der Tradition der kurdischen Presse sind den Herrschenden und ihren Institutionen ein Dorn im Auge. Güter der Demokratie, nämlich die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, werden mit routinierter Gelassenheit mit Füßen getreten. Immer wieder wird versucht, die Existenz kurdischer Presseleute zu gefährden, sie werden täglichen Gefahren von Gewalt und Inhaftierung ausgesetzt.

Um das Bewusstsein für Bedrohungen der Informationsfreiheit zu schärfen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit insbesondere auf den Fall von 16 Journalist:innen zu lenken, die sich seit drei Monaten unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ in Untersuchungshaft in Amed (tr. Diyarbakır) befinden, veranstalteten der Journalistenverein DFG und die Journalistinnenplattform Mesopotamiens (MKGP) an diesem Freitag Solidaritätsaktionen in mehreren Städten. Zusammenkünfte, in deren Rahmen auch Postkarten und Bücher an die inhaftierten Medienschaffenden geschickt wurden, fanden neben Amed auch in Wan, Mersin, Istanbul und Ankara statt. Vielerorts wurden die Veranstaltungen von Mitgliedern der Parteien HDP und DBP unterstützt.

Bei den Verhafteten handelt es sich um namhafte Personen der kurdischen Medienlandschaft; etwa die Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews, Safiye Alagaş; den Ko-Vorsitzenden von DFG, Serdar Altan; die Nachrichtenredakteure Aziz Oruç (MA), Mehmet Ali Ertaş und Zeynel Abidin Bulut (beide Xwebûn) sowie mehrere Moderator:innen und Kameraleute. Auch die Buchhalterin einer Produktionsfirma befindet sich in Untersuchungshaft. Eine Anklageschrift liegt noch immer nicht vor, und der Rechtsbeistand der Betroffenen hat bis heute keinen Einblick in die Fallakte bekommen.

Die MKGP wertet die Inhaftierung der 16 Journalist:innen als einen Versuch, die freien Medien in der Türkei mundtot zu machen und eine Berichterstattung über den Krieg in Kurdistan zu verhindern. Die verhafteten Presseleute arbeiten für Medieneinrichtungen, die als einzige schwerpunktmäßig über die antikurdische Unterdrückung, Gewalt und Repression des türkischen Staates in der Türkei selbst, aber auch in Syrien und dem Irak, berichten. Roza Metina, Sprecherin der Plattform MKGP, fasste zusammen: „Die Tatsache, dass sich 16 unserer Kolleginnen und Kollegen einzig aufgrund ihrer Arbeit hinter Gittern befinden, ist nur eines von vielen Beispielen für die Bemühungen dieser Regierung, die Medienwelt gleichzuschalten und nur noch regimefreundliche Berichterstattung zuzulassen. Sie müssen umgehend freigelassen werden.“

Und auch alle anderen inhaftierten Medienschaffenden sollten freikommen, führte Metina weiter aus. Mit Stand vom 4. September 2022 sind es nach Angaben des DFG 79 Journalistinnen und Journalisten, die in türkischen Gefängnissen festgehalten werden – in nahezu allen Fällen auf Grundlage eines fingierten Ermittlungsverfahrens wegen sogenannter Terrorvorwürfe. Die MKGP und der DFG fordern Solidarität mit ihnen ein: „In einem Land ohne Informations- und Pressefreiheit kann es auch in allen anderen Bereichen keine Freiheit geben. Deshalb rufen wir alle Kolleginnen und Kollegen sowie die gesamte Öffentlichkeit dazu auf, aktiv zu werden für die Verteidigung der Informations- und Pressefreiheit. Grundrechte sind nicht verhandelbar. Das müssen wir den Herrschenden bewusst machen.“