Altan: „Wir verteidigen die Informationsfreiheit“

„Wir sind Wahrheitssuchende. Wir verteidigen das Gute, das Schöne und das Wahre. Lasst es mich in einer verständlichen Sprache ausdrücken: Wir machen Journalismus", schreibt der im Juni in der Türkei verhaftete Journalist Serdar Altan aus dem Gefängnis.

Serdar Altan, der Ko-Vorsitzende der Journalistenvereinigung Dicle Firat (DFG), hat sich mit einem Brief an seinen Verein aus dem Gefängnis in Amed (tr. Diyarbakir) zu Wort gemeldet. Altan ist einer der 16 kurdischen Journalist:innen, die Mitte Juni in einem Terrorverfahren in der Türkei verhaftet wurden.

Seinen Brief leitet er mit der Feststellung ein, es sei ein seltsames Gefühl, im Gefängnis einen Brief an die Außenwelt zu verfassen, nachdem er selbst lange Jahre an Gefangene geschrieben habe. „Leider sind wir Teil eines Problems geworden, das schon seit Jahrzehnten besteht, nämlich des Problems der inhaftierten Journalistinnen und Journalisten. Als Ko-Vorsitzender unserer Vereinigung, die sich intensiv mit diesen Problemen befasst und Berichte zu diesem Thema erstellt, ist die Tatsache, dass ich jetzt zu den inhaftierten Journalisten gehöre, ein Zeichen dafür, wie weit die Negativität fortgeschritten ist“, schreibt Altan.

Zu seiner Verhaftung erklärt er in dem Brief: „Am 8. Juni wurden wir, 21 Medienschaffende und ein junger Mensch, der während unserer Sendungen eine Erklärung abgab, festgenommen. Die Tatsache, dass so viele von uns, die meisten von ihnen fachlich kompetent, an einem Tag im Morgengrauen festgenommen wurden und dass die Einrichtungen, in denen sie arbeiteten, durchsucht wurden, vermittelte einen Eindruck von der Tragweite und dem Ausmaß der Operation. Das Ziel war natürlich, die journalistischen Aktivitäten zu stören. Diese Situation war auch ein Ausdruck der Intoleranz gegenüber der Arbeit der freien Medien. Wie bekannt, wurden in den letzten Jahren die Desinformationsaktivitäten gegen die Gesellschaft in höchstem Maße verstärkt und die Gesellschaft mit Lügen bombardiert. Viele Medien wurden entweder durch einen Besitzerwechsel unter Kontrolle gebracht oder es wurde versucht, sie durch Druck und Sanktionen zu neutralisieren. Journalisten wurden als gefährliche Wesen abgestempelt und kriminalisiert. Viele waren gezwungen, aus dem Land zu fliehen. Die meisten der Verbliebenen waren entweder arbeitslos oder wurden handlungsunfähig gemacht.“

Für journalistische Arbeit angeklagt

Auf diese Weise sei versucht worden, den Zugang der Gesellschaft zu Informationen zu unterbinden. Genau an diesem Punkt seien die freien Medien ins Spiel gekommen: „Die freie Presse wurde zur Stimme, zu den Augen, den Ohren und dem Schrei der Menschen, denen der Atem stockte. Indem sie den Vorhang der Lüge zerreißt, versucht sie, den Menschen die Wahrheit, das Gute und das Schöne zu zeigen. Mit dem Erbe, das sie von ihren Vorgängern geerbt hat, die ihr Leben für diese Sache geopfert haben, hat sie erklärt, dass sie mit der Kraft, die sie von ihren Lesern, Zuschauern und Zuhörern erhält, aufrecht steht und sich nicht unter Druck setzen lässt. Natürlich machten sie diese Haltung und ihre Unverwüstlichkeit zur Zielscheibe. Viele unserer Kolleginnen und Kollegen wurden festgenommen und verhaftet. Gegen viele von ihnen wurden Ermittlungen eingeleitet, sie wurden strafrechtlich verfolgt und es wurden Klagen gegen sie eingereicht. Sie wurden vor Ort mit Hindernissen konfrontiert und es wurde versucht, sie an der Berichterstattung zu hindern. Schließlich waren auch wir dieser repressiven Politik betroffen und wurden verhaftet.

Diese Verhaftung erfolgte nach acht Tagen Arrest. (…) Bei der Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft und dem Richter wurde keine konkrete Anschuldigung erhoben. Die Fragen, die uns gestellt wurden, betrafen unsere journalistischen Aktivitäten – was sollte es auch sonst sein? Aufgrund der Vertraulichkeitsanordnung in der Akte wissen wir noch nicht einmal, was uns vorgeworfen wird. Dies reicht aus, um die Merkwürdigkeit der Situation zu verdeutlichen.“

Wir sind Wahrheitssuchende“

Zu seinen Haftbedingungen teilt Altan mit, dass er und seine Kollegen sich in Dreierzellen befinden. Schwierig sei am Anfang vor allem gewesen, keinen Zugang zu Kommunikationsmitteln und Medien zu haben. Für Journalisten widerspreche dieser Zustand „der Natur der Dinge“. Weiter schreibt Altan: „Eigentlich möchte ich Euch nicht langweilen, indem ich Euch die bestehenden Probleme schildere. Was ich oben beschrieben habe, ist eine reine Sorgfaltspflicht. Und wer hat schon behauptet, dass es keine Probleme geben würde? Außerdem ist es an sich schon ein Problem, dass wir unserer Freiheit beraubt werden. Alles, was darüber hinausgeht, ist zu viel Jammern, was nicht zu uns passt. Es wäre ein bisschen absurd, über unsere eigenen Probleme zu sprechen, wenn so viele andere Genossinnen und Genossen so viele Probleme haben, und wenn wir eine öffentliche Realität haben, die von Unterdrückung beherrscht wird. Ihr solltet nur wissen, dass es uns gut geht. Es muss uns auch gut gehen, denn wir haben keine leichte Aufgabe. Wir verteidigen das Recht der Bevölkerung auf Information, was viele Kreise nicht tun. Wir sind Wahrheitssuchende. Wir verteidigen das Gute, das Schöne und das Richtige. Lasst es mich in einer möglichst verständlichen Sprache ausdrücken: Wir machen Journalismus. Und dabei wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Die Postadresse von Serdar Altan lautet: Diyarbakır 2 Nolu Yüksek Güvenlikli Ceza İnfaz Kurumu C-31, Kayapınar/DİYARBAKIR.