Besorgniserregende Übergriffe gegen oppositionelle Journalisten

Der Journalistenverein DFG sieht eine besorgniserregende Entwicklung hinsichtlich der Pressefreiheit in der Türkei. Journalist:innen werden zunehmend angegriffen und an ihrer Arbeit gehindert, und das inzwischen auch in Deutschland.

Der Journalistenverein DFG (Dicle Fırat Gazeteciler Derneği) weist in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zur Pressefreiheit in der Türkei auf die Verletzungen der Rechte von Journalist:innen im Juli 2021 hin. Demnach sind Journalist:innen auch im vergangenen Monat massiv an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert worden. Es kam zu Verhaftungen, Festnahmen und Ermittlungsverfahren, im Zuge der Pirsûs-Proteste sind Journalist:innen in Istanbul, Ankara, Izmir, Wan und Amed (tr. Diyarbakir) bei Polizeiangriffen verletzt worden.

Besorgniserregende Entwicklung“

Als besonders besorgniserregend hebt der DFG die brutalen Übergriffe auf acht Journalist:innen in Istanbul hervor. Im gesamten Land seien Medienschaffende bei der Beobachtung von Demonstrationen und Kundgebungen direkt gewalttätig angegriffen und an ihrer Arbeit gehindert worden. Die Regierung und ihre Sicherheitskräften seien rücksichtslos darum bemüht, Nachrichten zu unterdrücken. In dem Bericht wird auch auf den Fall von zwei Korrespondent:innen der Frauennachrichtenagentur JinNews hingewiesen, die von der Polizei zur Spitzeltätigkeit gedrängt worden sind. Dieser und ähnliche Fälle seien Versuche, Journalist:innen einzuschüchtern und von der Arbeit abzuhalten. „Journalist:innen betätigen sich für niemanden als Spitzel. Wenn der Staat und andere Organisationen Informationen haben wollen, sollen sie sich unsere Meldungen ansehen. Denn daraus besteht unsere Arbeit: Wir informieren die Öffentlichkeit“, so der DFG.

Die Angst der Regierung vor Journalisten

Der Bericht geht auch auf die Todesliste gegen 55 in Europa lebende Oppositionelle aus der Türkei ein. Aufgeführt werden unter anderem der Angriff auf Erk Acarer in Berlin und die Polizeiwarnung an den Journalisten Celal Başlangıç. Weitere Journalist:innen seien von der Polizei darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ihr Name auf der Liste steht. Damit habe der Plan, in der Türkei eine Atmosphäre der Lynchjustiz und des Chaos herbeizuführen, auch auf das Ausland übergegriffen. „Eine Regierung, die sich derartig vor der Existenz von Journalist:innen fürchtet, hat jede Regierungsfähigkeit verloren“, erklärt der DFG zu dieser Entwicklung.

Festnahmen, Folter, Bedrohung, Gefängnis

Laut dem Bericht sind im Juli vier Journalist:innen festgenommen worden. 15 Journalist:innen wurden gefoltert oder misshandelt, 14 wurden tätlich angegriffen, vier Journalist:innen wurden bedroht und zur Spitzeltätigkeit gedrängt. In zwölf Fällen sind Medienschaffende an ihrer Arbeit gehindert worden, gegen zwei Journalist:innen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, einer wurde angeklagt und in einem weiteren Fall wurde eine Freiheitsstrafe von knapp einem Jahr verhängt. Gegen 56 Journalist:innen sind laufende Verfahren anhängig. Der staatliche Medienaufsichtsrat RTÜK hat diverse Sanktionen gegen Medienorgane verhängt sowie Internetseiten und einzelne Meldungen blockiert. Nach heutigem Stand befinden sich nach Angaben des Journalistenvereins DFG 65 Medienschaffende in der Türkei im Gefängnis.