Der Journalistenbund der Türkei (Türkiye Gazeteciler Cemiyeti, TGC) hat die gestrigen Polizeiübergriffe auf Medienschaffende bei einer Gedenkkundgebung im Istanbuler Stadtteil Kadiköy verurteilt. Die Veranstaltung für die Opfer des Anschlags von Pirsûs (Suruç) ist von der Polizei angegriffen worden, es kam zu zahlreichen Verletzten.
Der TGC-Vorstand weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Polizei Gewalt gegen Journalist:innen eingesetzt hat, die über die Kundgebung berichten wollten. Nach Angaben des Verbands wurden Erdem Şahin (European Pressphoto Agency), Fatoş Erdoğan (Dokuz Sekiz), Bülent Kılıç (AFP), Kübra Köklü (Cumhuriyet) sowie die freien Journalist:innen Yasin Akgül, Emre Orman, Ozan Acıdere und Zeynep Kuray durch Polizeischilde und Plastikgeschosse verletzt.
Der TGC unterstreicht, dass Journalismus keine Straftat ist. Die Polizei dürfe Medienschaffende nicht behindern und müsse vielmehr für ihre Sicherheit sorgen: „Wir erinnern daran, dass die Pressefreiheit das Recht von Menschen auf Informationen unabhängig von ihrer Weltanschauung garantiert. Wir verurteilen die Sicherheitskräfte, die Gewalt gegen Journalisten eingesetzt und damit eine Straftat begangen haben. Wir fordern ihre sofortige Bestrafung.“
„Erdogan mag die Presse nicht“
Bereits Ende Juni hatten Journalistenverbände gegen Polizeigewalt protestiert. Hintergrund war die gewaltsame Festnahme des AFP-Korrespondenten Bülent Kilic bei der Istanbuler Gay Pride. „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) führt den türkischen Präsidenten Erdogan seit 2009 auf der Liste der Pressefeinde. Unter dem Label „Methodik: aggressive Demokratie“ bescheinigte RSF dem Regimechef der Türkei Anfang Juli, dass dieser die Presse nicht möge. „Oder besser gesagt, er mag sie nur, wenn sie unterwürfig und folgsam ist und Lobreden auf ihn hält.” Kritische Stimmen würden durch eine „weit auslegbare Antiterrorgesetzgebung“, die Missbrauch jeder Art zulasse, aber auch durch ein Gesetz verfolgt, das „Beleidigung des Präsidenten“ unter Strafe stellt. „Mit verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Mitteln kontrolliert Erdoğan fast alle größeren Mediengruppen (insbesondere das Fernsehen). Der im Juli 2016 nach dem Putschversuch verhängte Ausnahmezustand führte zu einer Verhaftungswelle von Journalistinnen und Journalisten nie gekannten Ausmaßes sowie zur Schließung von über 100 Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsendern und Rundfunkstationen“, kritisiert RSF.