Der iranische Rapper Toomaj Salehi ist nur wenige Tage nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis erneut festgenommen worden. Das berichtete das Nachrichtenportal der Justizbehörde Misan Online am Donnerstag. Dem 32-Jährige wird nun vorgeworfen, Falschinformationen verbreitet und die öffentliche Meinung gestört zu haben. Laut Salehis Anwalt Amir Raisan beziehen sich die Anschuldigungen auf ein Video, das der Musiker nach seiner Freilassung veröffentlicht hatte. Er hatte darin für die Solidarität mit ihm gedankt und der iranischen Justiz vorgeworfen, während seiner Haft gefoltert worden sein.
Unterstützende von Salehi berichteten zuvor in sozialen Medien, dass der Künstler am Donnerstag mitten auf der Straße von Regime-Beamten gekidnappt worden sein soll. Demnach seien Zivilbeamte ohne Vorwarnung auf ihn zugegangen und hätten ihn mit den Kolben ihrer Kalaschnikow-Gewehre geschlagen. Danach hätten sie ihn abgeführt. Er werde nun an einem unbekannten Ort in Babol in der iranischen Provinz Mazandaran festgehalten.
Toomaj Salehi war erst vor eineinhalb Wochen auf Kaution aus einem Gefängnis im zentraliranischen Isfahan freigekommen. Eine sechsjährige Freiheitsstrafe gegen ihn wegen „Korruption auf Erden“ wurde revidiert. Insgesamt musste der Musiker etwas mehr als ein Jahr im Gefängnis verbringen, einen großen Teil davon in Einzelhaft. Der Rapper hatte sich zuvor in regimekritischen Songtexten mit der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution solidarisiert, die sich am staatlichen Femizid an Jina Mahsa Amini entzündet hatte. Die 22-jährige Kurdin war im September 2022 in Gewahrsam der berüchtigten Sittenpolizei ums Leben gekommen. Die Demonstrationen waren die heftigsten seit Jahrzehnten. Salehi beteiligte sich an den Protesten.
Hunderte Tote und Tausende Festgenommene
Der Staatsapparat ließ die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen. Mehr als 550 Menschen, darunter mindestens 68 Minderjährige und 49 Frauen, wurden damals nach Angaben von Menschenrechtsgruppen von Regimekräften im Zusammenhang mit dem Aufstand getötet, mindestens acht männliche Demonstranten sind hingerichtet worden. Tausende weitere wurden verletzt und Zehntausende festgenommen.
Saman Yasin noch immer im Knast
Neben Salehi traf es damals auch viele andere Prominente, darunter Kunst- und Filmschaffende, die sich mit der „Jin, Jiyan, Azadî“-Bewegung solidarisierten, etwa Saman Yasin. Der kurdische Rapper war wie Salehi im Oktober 2022 wegen seiner Teilnahme an dem Volksaufstand verhaftet worden. Ein wegen des Vorwurfs „Krieg gegen Gott“ gefälltes Todesurteil gegen den 28-Jährigen aus Kirmaşan (Kermanschah) wurde zwar wieder aufgehoben, doch der Prozess läuft immer noch. Zudem wurde Yasin in Haft Opfer von massiver Folter. Ende 2022 musste er im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran mindestens einmal eine Scheinhinrichtung erdulden. Kurz darauf unternahm er einen Selbstmordversuch.