Dem in Iran inhaftierten Rapkünstler Toomaj Salehi wird nach Angaben des Center for Human Rights in Iran (CHRI) notwendige medizinische Hilfe verwehrt. Dabei müsse der 33-Jährige „dringend behandelt werden“, teilte die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation am Donnerstag mit. Sie berief sich dabei auf Vertraute des Musikers im Iran. Seit Oktober sitzt Salehi im Zusammenhang mit der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution in einem Gefängnis in Isfahan in Isolationshaft. Er wurde gefoltert und geschlagen, bis er fast erblindete, berichteten Angehörige und verschiedene NGOs übereinstimmend. Ein Fußknöchel und vier seiner Finger wurden gebrochen. Und ihm droht die Todesstrafe. Die Anklage lautet auf „Kriegsführung gegen Gott“ und „Korruption auf Erden“.
Eine der Quellen aus Salehis Umfeld berichtete nach Angaben von CHRI, der Musiker sei vor allem in seinen ersten Tagen im Dastgerd-Gefängnis in der zentraliranischen Provinz „schwer gefoltert“ worden. Der gebrochene Knöchel sei nicht behandelt worden, ebenso leide er weiterhin unter den schweren Verletzungen am linken Auge, die er durch Schläge auf den Kopf erlitten hatte. Zuvor kursierte ein von Staatsmedien veröffentlichtes Video, das mutmaßlich den Rapper mit verbundenen Augen und Wunden im Gesicht zeigte, während er für seine Unterstützung der Proteste um Verzeihung bat. Angehörige und Unterstützende glauben, dass der Künstler zu den Aussagen in dem Video gezwungen wurde.
Keine medizinische Behandlung trotz Verletzungen
„Wir sind sehr besorgt über die Schwere und das Ausmaß seiner Verletzungen“, wird die iranische Quelle weiter zitiert. Nach Angaben von CHRI ist eine medizinische Versorgung im Gefängnis nicht möglich. Eine Untersuchung im Krankenhaus sei ihm verwehrt worden, ebenso die Auswahl eines Anwalts, um sich angemessen auf den Prozess vorzubereiten. CHRI fordert die sofortige Freilassung von Salehi und anderen politischen Gefangenen „durch intensiven, koordinierten internationalen Druck“.
Nicht der erste Gefängnisaufenthalt
Toomaj Salehi ist einer der bekanntesten Rap-Künstler in Iran und verfasst seit Jahren kritische Songs gegen das islamistische Regime. Der derzeitige Gefängnisaufenthalt ist für ihn aber nicht der Erste. Schon als Einjähriger war er mit seiner Mutter im Knast. Die Familie gehört zur Volksgruppe der Bachtiari und ist seit jeher politisch aktiv. Das spiegelt sich auch in seinen Texten wider, in denen es um Grundrechte, Frauenrechte, Freiheit und die Solidarität der Völker geht. „Wenn die Welt nur eine Farbe hätte, Weiß oder Schwarz, dann wäre sie doch nicht schön“, betont er in einem seiner Songs die Bedeutsamkeit des Zusammenhalts zwischen den unterschiedlichen Gruppen im Vielvölkerstaat Iran. „Warte nicht auf einen Retter - du bist der Held! Wenn du und ich eine Einheit werden, dann gibt es keine Grenzen“, rappt er etwa in einem anderen Stück. Im Song „Rattenloch“ empfiehlt er Mitgliedern des Regimes sogar, sich ein Versteck zu suchen, solange sie noch können.
537 Menschen bei Protesten getötet
Die Proteste in Iran begannen im September in der ostkurdischen Stadt Seqiz und verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im ganzen Land. Auslöser des Aufstands mit dem Ziel eines Systemwandels war der Feminizid an Jina Mahsa Amini. Die 22-Jährige, die aus Seqiz stammte, starb im September einen gewaltsamen Tod in Polizeihaft, nachdem sie wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die iranische Kleiderordnung von der sogenannten Moralpolizei in Teheran festgenommen worden war. Die Proteste der revoltierenden Bevölkerung stellen die bislang größte Bedrohung des klerikalfaschistischen Regimes seit dessen Bestehen dar, der Sicherheitsapparat reagiert mit äußerster Härte. Nach Angaben der NGO Iran Human Rights mit Sitz in Norwegen wurden mindestens 537 Menschen von iranischen Regimekräften im Zusammenhang mit der Revolte getötet, darunter dutzende Minderjährige. Zudem wurden weit mehr als 24.000 Menschen verhaftet.