EU-Parlament ehrt Jina Mahsa Amini posthum mit Sacharow-Preis

Der staatliche Femizid an Jina Mahsa Amini hatte im vergangenen Jahr die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution in Rojhilat und Iran ausgelöst. Nun wurde ihr posthum der Sacharow-Preis verliehen.

Die vor etwa einem Jahr in Iran Opfer eines staatlichen Femizids gewordene Kurdin Jina Mahsa Amini bekommt posthum den Sacharow-Preis für Demokratie und Menschenrechte verliehen. Das gab das Europäische Parlament am Donnerstag bekannt. Der Preis geht ebenfalls an die durch Aminis Tod ausgelöste „Jin, Jiyan, Azadî“-Bewegung.

„Der brutale Mord von Jina Mahsa Amini markiert einen Wendepunkt“, sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola heute in Straßburg. „Er hat eine von Frauen geführte Bewegung ausgelöst, die in die Geschichte eingeht“, fügte sie hinzu. Der Slogan „Frau-Leben-Freiheit“ sei ein Aufruf geworden „für alle, die die Gleichheit, die Würde und die Freiheit aller Menschen in Iran verteidigen“.

Amini war im September 2022 zu Besuch in Teheran, als sie von der sogenannten Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderordnung des islamistischen Mullah-Regimes festgenommen wurde. Kurze Zeit darauf starb sie in Polizeigewahrsam – nach Angaben ihrer Familie wurde sie gewaltsam in einen Polizeiwagen gezerrt und zu einer Polizeistation gebracht, wo sie kurze Zeit später infolge von weiteren Misshandlungen kollabierte und ins Koma fiel. Am 16. September 2022 erklärten Ärzte des Kasra-Krankenhauses in Teheran Amini für tot.

An Aminis Tod entzündete sich die landesweite „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution, bei der Frauen an vorderster Front standen. Die Bewegung stellt die bislang größte Bedrohung der Islamischen Republik Iran seit ihrem Bestehen dar. Vor allem die junge Generation ging über Monate hinweg gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Straße. Der Staatsapparat ließ die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen.

Mehr als 550 Menschen, darunter mindestens 68 Minderjährige und 49 Frauen, wurden damals nach Angaben der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights von Regimekräften im Zusammenhang mit dem Aufstand getötet. Tausende wurden verletzt und Zehntausende festgenommen. Sieben männliche Demonstranten wurden später im Zusammenhang mit der Volksrevolte hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht – in diesem Ausmaß hat es das in Iran zuvor noch nicht gegeben.

Von drei größten EU-Fraktionen nominiert

Eine Ehrung Jina Mahsa Aminis war im Vorfeld erwartet worden, da die drei größten Fraktionen im Europaparlament – Konservative, Sozialdemokraten und Liberale – sie nominiert hatten. Eine Zeremonie zu der Preisverleihung ist für den 13. Dezember geplant. Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 35 Jahren an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Menschenrechte und die Meinungsfreiheit einsetzen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und ist benannt nach dem sowjetischen Atomphysiker, Menschenrechtler und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow.