Das Rettungsschiff Alan Kurdi der Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye hat am Freitagmittag den Hafen von Palermo verlassen und ist auf dem Weg ins zentrale Mittelmeer. Der offizielle Heimathafen des unter deutscher Flagge fahrenden Schiffs ist inzwischen die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Hamburger Bürgerschaft hatte Sea-Eye als erste Stadt im vergangenen Jahr finanziell gefördert. Außerdem sitzen hier alle relevanten Schifffahrtsbehörden.
Während der letzten Wochen versuchten trotz schlechtem Wetter mehr als 1.500 Menschen über das Mittelmeer zu flüchten. Aufgrund der schlechten Wetterbedingungen ist die Flucht zu dieser Zeit besonders gefährlich. Dabei wurden fast 1.000 Menschen in das Bürgerkriegsland Libyen zurückgebracht, wie Berichte der IOM (International Organisation for Migration) zeigen.
„Dass Menschen zurück nach Libyen gebracht werden, ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Menschenrechte. Vielen droht, in den berüchtigten Zentren zu landen, in denen massive Gewalt, Misshandlung, sexuelle Gewalt und teilweise Tötungen an der Tagesordnung sind”, sagt Sea-Eye-Sprecher Julian Pahlke.
Am zweiten Weihnachtstag rettete die Alan Kurdi zuletzt 32 Menschen von einem überfüllten Kunststoffboot. Alle waren libysche Staatsangehörige, die spätestens am Morgen danach in einen aufziehenden Sturm geraten wären. „Die Entwicklung zeigt uns, dass auch für Libyer*innen die Situation in dem Land durch die Konflikte immer gefährlicher wird. Wenn am Sonntag in Berlin mit und über Libyen verhandelt wird, muss der Schutz der Bevölkerung und vor allem von Menschen auf der Flucht oberste Priorität haben. Europa darf keine gewaltbereiten Milizen zur Rettung beauftragen, die die universellen Rechte systematisch verletzen, sondern muss selbst Schiffe zur Rettung möglichst vieler Menschenleben entsenden. Libyen ist kein sicherer Ort für Menschen auf der Flucht”, sagte Pahlke weiter.
„Die letzten Wochen zeigen erneut, wie wichtig der Rettungseinsatz, aber auch der Schutz und die Beobachtung von Menschenrechten ist. Wir dürfen auf See keinen schutzlosen Raum entstehen lassen, in dem Menschen ertrinken und niemand mehr so schwerwiegende Verbrechen bezeugt”, sagt die Berliner Einsatzleiterin Johanna Pohl von Bord des deutschen Rettungsschiffs.
Die Alan Kurdi wird voraussichtlich am Sonntag die libysche Such- und Rettungszone erreichen.