Operation Cizîrê-Blitz: Ein Schlag gegen IS-Strukturen

Bei der in Nord- und Ostsyrien laufenden Anti-IS-Operation „Cizîrê-Blitz“ sind den Sicherheitskräften eine Vielzahl von Daten in die Hände gefallen, welche erneut die Zusammenarbeit zwischen dem AKP/MHP-Regime und dem IS belegen.

Seit nunmehr sechs Tagen dauert die am 29. Dezember gestartete Anti-IS-Operation „Cizîrê-Blitz“ der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) an. Die Operation begann im Gebiet um Til Hemis und Til Birak und weitete sich auf weitere Gebiete aus. Die QSD kündigten an, dass es sich bei dieser Operation nur um „einen Anfang“ handele und erklärten: „In einer Zeit, in der unsere Kräfte damit beschäftigt sind, auf die Angriffe des türkischen Besatzerstaates zu reagieren, haben IS-Zellen erneut ihre Brutalität unter Beweis gestellt und ihre Angriffe verstärkt. Der IS bedroht all jene, die sich für die Beseitigung der Spuren seiner Herrschaft einsetzen, und versucht, seine Strukturen wiederzubeleben. Im Rahmen der Ausweitung des Kampfes gegen den IS haben unsere Kräfte in Zusammenarbeit mit Kräften der inneren Sicherheit von Nord- und Ostsyrien und der internationalen Anti-IS-Koalition am 29. Dezember um 1.00 Uhr die ‚Operation Cizîrê-Blitz‘ im Camp Hol, in Hesekê, südlich von Qamişlo und in Til Hemis gestartet, da diese Gebiete Ausgangspunkt möglicher Angriffe sind. Die Operation verfolgt die Absicht, IS-Zellen zu zerschlagen und die Region vom Terror zu säubern. Diese Operation wurde aufgrund dringender Erfordernisse und zur Rache für die Gefallenen von Raqqa eingeleitet. Gleichzeitig ist sie der Beginn der Operationen gegen terroristische Organisationen im Jahr 2023.“

Viele IS-Zellen zerschlagen – bisher 184 mutmaßliche IS-Dschihadisten gefasst

In den sechs Tagen wurden wichtige Ergebnisse erzielt. Die Sicherheitskräfte hatten zuvor die Warnung erhalten, der IS bereite einen großen Angriff zu Silvester vor, und die Operation gestartet. So konnten offensichtlich Anschläge verhindert werden. Die Warnung vor dem Angriff an Silvester bestätigte sich mit den Aussagen einiger der 52 am zweiten Tag der Operation festgenommenen IS-Mitglieder. Bei der Operation wurden nicht nur aktive Mitglieder von bewaffneten Zellen festgenommen, sondern auch die Kommunikation und Logistik des IS empfindlich getroffen. Aus den ersten Vernehmungen geht hervor, dass der IS insbesondere den Regionen um Til Hemis und Til Birak (Tell Brak) größte Bedeutung beimisst. Der Schwerpunkt der QSD-Operation liegt daher auch auf diesem Gebiet. Dabei wurden bisher 184 mutmaßliche IS-Mitglieder und Unterstützer gefasst.

Koordination der Operation: „Es gibt wichtige Ergebnisse“

Dilbirîn Kobanê, Regionalkommandantin der YPJ für die Region Cizîrê, befindet sich in der Leitung der Operation. Sie fasst den Zweck der Operation wie folgt zusammen: „In letzter Zeit gab es insbesondere durch den türkischen Staat intensive Angriffe auf unsere Region. Immer wenn der IS unter Druck steht oder anfängt, an Macht zu verlieren, greift der türkische Staat selbst an. Damit wird dem IS die Möglichkeit gegeben, sich erneut zu mobilisieren. Der türkische Staat unterstützt eindeutig den IS. Dabei handelt es sich nicht nur um logistische und munitionsbezogene Unterstützung. Er bietet Unterstützung in jeder Hinsicht, denn er sieht ihn als einen Teil seiner selbst an. Die IS-Söldner sehen die [türkischen] Angriffe als Chance und planten, sich weiter in der Region auszubreiten. Trotz der intensiven Angriffe haben wir unseren Kampf gegen den IS nicht unterbrochen. Nachdem wir die Information erhalten hatten, dass der IS sich zu reorganisieren versucht, haben wir die Operation in der Region gestartet, in der die Menschen am stärksten vom IS bedroht waren. Sie wurden vom IS erpresst, ihn zu unterstützen oder sich ihm anzuschließen. Der IS hat Raqqa angegriffen und damit bezweckt, dass wir uns darauf konzentrieren. Aufgrund unserer Erfahrungen haben wir erkannt, dass der IS sich überall auszubreiten versucht. Wir haben die Operation ‚Cizîrê Blitz‘ gestartet, um unsere Raqqa-Gefallenen zu rächen, aber auch, weil die Region diese Operation braucht.“

Viele Angriffe wurden durch die Operation verhindert“

Dilbirîn Kobanê erklärt weiter: „Die Operation, die in Zusammenarbeit der QSD und der Kräfte der inneren Sicherheit eingeleitet wurde, läuft auf Hochtouren. Bei den bisherigen Operationen haben wir Dutzende von Söldnern festgenommen, die blutige Anschläge für die Silvesternacht vorbereitet hatten. Wir haben dieses Massaker verhindert. Neben Mitgliedern, die logistische Unterstützung unter anderem mit Munition geleistet haben, wurden auch Personen gefasst, die an dem Angriff auf das Gefängnis von Hesêkê am 20. Januar 2022 beteiligt waren. Wir werden in den nächsten Tagen genauere Ergebnisse der Operation bekannt geben.“


Zur Region, in der die Operation durchgeführt wurde, sagt die YPJ-Kommandantin: „Es handelt sich um ein strategisches Gebiet an der irakisch-syrischen Grenze. Die Söldner kommen aus der besetzten Stadt Serêkaniyê und werden in dieser Region eingesetzt. Der IS bereitete nicht für die Region hier, sondern auch für viele andere Orte Anschläge und Massaker vor. Deshalb hat die Operation ‚Cizîrê-Blitz' eine Gefahr für die ganze Welt ausgeräumt. Wir haben es immer als unsere menschliche Pflicht angesehen, für die ganze Welt zu kämpfen. Wir rufen alle auf, ebenfalls diese Verantwortung zu erkennen und sich an diesem Kampf zu beteiligen.“

Die Menschen unterstützten die Operation auf jede Weise“

Dilbirîn Kobanê betont, dass die Menschen in der Region die Operation unterstützten: „Til Birak und Til Hemîs halfen uns bei dieser Operation in jeder Hinsicht. Die Menschen leisteten die größte Unterstützung bei der Verteidigung der Bevölkerung. Wir werden diese Operation, die wir für den Frieden in der Region und für unser Volk begonnen haben, mit großem Erfolg abschließen. Wir werden unsere Operation fortsetzen, um dem Bedürfnis nach Frieden und Sicherheit in der Region gerecht zu werden, und so lange weitermachen, bis wir diejenigen, die Unfrieden in der Region stiften und den Frieden stören, gefasst haben.“

QSD-Sprecher: „Warum der türkische Staat Tirbespîyê angriff, wurde klar“

Der QSD-Pressesprecher Ferhad Şamî äußerte sich ebenfalls zu der andauernden Operation: „Unser Kampf gegen den IS dauert schon seit 2014 an. Er gipfelte in Bagouz mit der Zerschlagung der islamistischen Territorialherrschaft. Dann starteten wir die zweite Phase der Operation gegen den IS. Dies war ein längerer und umfassenderer Prozess. Wir haben diese Operation akribisch und mit großer Sensibilität, vor allem in den arabischen Regionen, in denen der IS eine ‚Dominanz‘ aufgebaut hat, durchgeführt. Dies betraf Regionen wie Til Hemis, den Süden von Hesekê, Deir ez-Zor und Raqqa. Gegen diese als moderat bezeichneten Regionen hat sich der IS insbesondere gerichtet.“


Şamî unterstreicht, dass der Mobilisierung der IS-Zellen in Til Hemis die türkischen Angriffe vorausgegangen seien: „Es war bekannt, dass der IS große Angriffe, ähnlich dem Angriff auf das Gefängnis von Hesekê im vergangenen Jahr, vorbereitete. Er plante insbesondere an Orten wie Raqqa anzugreifen. In den letzten Tagen des Jahres griff der IS einen Stützpunkt der Sicherheitskräfte an. Dieser Stützpunkt bewachte das Gefängnis von Raqqa, in dem IS-Gefangene festgehalten werden. Wir haben diesen Angriff abgewehrt, wobei es auch Tote gab. Dies hat dazu geführt, dass wir noch vor Silvester in anderen Regionen zugriffen. Der IS hat daraufhin gearbeitet, dass wir uns auf Deir ez-Zor und Raqqa fokussieren, und mobilisierte seine Zellen. Auch der türkische Staat machte in dieser Richtung mobil. Zum Beispiel liegt Til Hemis in der Nähe von Tirbespîyê und der Ort wurde über zehn Mal von der türkischen Luftwaffe angegegriffen. Später wurde klar, dass mit diesen Angriffen versucht wurde, IS-Zellen in Til Hemis zu mobilisieren.“

Zweite Phase der Operation geht weiter“

Şamî berichtet über den Fortgang der Operation: „Es lagen Informationen über die Vorbereitung zahlreicher Angriffe auf Hesêkê, das Camp Hol und Qamişlo vor. Einige IS-Zellen planten in der Silvesternacht blutige Anschläge. Wir konnten diese Anschläge am ersten Tag unserer Überraschungsoperation verhindern. Am ersten Tag konzentrierten wir uns auf spezielle Ziele. Wir nahmen die gefährlichsten Söldnerführer fest. Dann gingen wir zur zweiten Phase über. Wir haben die Zellen ins Visier genommen, die die IS-Ideologie verbreiten, den IS unterstützen, die Kommunikation zwischen den Zellen sicherstellen und die Logistik und Munition bereitstellen. Mit dieser Operation haben wir dafür gesorgt, dass die Region friedlich in das neue Jahr gestartet ist.“

Aussagen über Angriffsvorbereitungen“

Şamî berichtet über gewonnene Informationen und Pläne zur Befreiung von IS-Gefangenen: „Der IS wird auch durch die gefangenen Islamisten am Leben gehalten. Vor allem durch das Camp Hol und die Gefängnisse in Hesekê. Der IS nährt sich davon, sowohl militärisch als auch ideologisch. Er will die Region zurückerobern, indem er einige der inhaftierten IS-Führer befreit. Nach dem Angriff des türkischen Staates auf das Gefängnis in Qamişlo, in dem IS-Mitglieder festgehalten werden, sollten diese Dschihadisten befreit werden. Die Entfernung zwischen dem Gefängnis, auf das der Angriff verübt wurde, und den Zellen, gegen die die Operation derzeit durchgeführt wird, beträgt 15 Kilometer. In dieser Entfernung befinden sich auch Kräfte des syrischen Regimes. Auch dies ist eine Gefahr. Die Regimekräfte haben nicht die Absicht, gegen den IS zu kämpfen. Es kann in ihren Gebieten Zellen geben, aber sie verschließen die Augen. Es gab Informationen, dass der IS Angriffe auf Gefängnisse vorbereiten würde. Vielleicht ist der IS nicht in der Lage, einen großen Angriff zu starten, aber er wollte lokale Angriffe durchführen. Wir haben Maßnahmen in dieser Hinsicht ergriffen. Die Verhöre der gefangenen Söldner gehen weiter. In ihren ersten Aussagen gestanden die Banden, dass sie einen Großangriff in Qamişlo, Hesêkê und Reqa vorbereitet haben.“

Şamî beschreibt die Operation als einen Schlag gegen den Aufbau neuer IS-Führungsstrukturen: „Nach der Tötung des IS-Anführers in Daraa wurden neue Anführer benannt. Nach unseren Informationen ist der neue Anführer der blutigste Führer in der Geschichte des IS. Seine ersten Worte lauteten: ‚In meinem Kalifat wird jeder Ort ein Ort von Blut und Feuer sein.’ Er bedroht Syrien, den Irak, Afrika und Europa. Wir haben diese Operation gestartet, um genau das hier zu verhindern. Das ist natürlich nicht genug. In Zukunft werden wir diese Maßnahmen noch umfangreicher und umfassender durchführen, um die Bedrohung durch den IS in unserer Region zu beseitigen und unserem Volk ein Leben in Frieden zu ermöglichen.”

Frontkommandantin: Die Söldner verbergen sich unter der Zivilbevölkerung


Eine der Frontkommandantinnen der Verteidigungskräfte ist Hêlîn Resûl. Sie berichtet über das Vorgehen bei der Operation: „Da sich die IS-Söldner in den Häusern der Zivilbevölkerung verstecken, führen wir die Operation mit Fingerspitzengefühl durch. Wenn wir Durchsuchungsmaßnahmen in Häusern durchführen, bringen wir Frauen und Kinder in einen separaten Raum. Nach der Durchsuchung verlassen wir das Haus in aller Ruhe. Bislang hatten die Menschen in der Region keine Probleme mit uns. Zivilpersonen, die beunruhigt oder besorgt sind, werden durch unser sensibles Vorgehen beruhigt.“