QSD: 2022 war ein blutiges Jahr

Die QSD haben eine Jahresbilanz über die Angriffe der Türkei und des IS auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien veröffentlicht. 2022 war ein blutiges Jahr: 59 Zivilist:innen und 178 Kämpfer:innen sind ums Leben gekommen.

Das Medienzentrum der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) hat einen Jahresbericht über die Angriffe der Türkei und der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien veröffentlicht. Der ausführliche Bericht enthält Statistiken über die Art der Angriffe, die einsetzten Waffengattungen und die Folgen. Demnach sind 59 Zivilpersonen bei Angriffen des NATO-Staats Türkei getötet worden, darunter zwölf Kinder und fünf Frauen.

Die QSD beobachten einen deutlich Anstieg der türkischen Aggression und damit einhergehend eine Reorganisierung des IS in der Region. 178 Kämpferinnen und Kämpfer des multiethnischen Militärverbands sind gefallen, darunter 95 bei der Abwehr der türkischen Angriffe, 69 im Kampf gegen den IS und 14 durch Verkehrsunfälle und Krankheiten.

Das blutigste Jahr seit der Invasion von 2019

Einleitend heißt es in dem Bericht: „Im Jahr 2022 haben die türkische Besatzungsmacht und ihre Söldner Tausende von Verstößen gegen die Region Nordostsyrien und ihre Bevölkerung begangen. Das Jahr 2022 war das blutigste und für die Bevölkerung materiell und physisch schädlichste Jahr seit der türkischen Invasion der Regionen Girê Spî (Tall Abyad) und Serêkaniyê (Ras al-Ain) im Oktober 2019. Die Besatzungsmacht setzte Kampfflugzeuge, Drohnen, Artillerie und Panzer ein und verursachte große Schäden an wichtiger Infrastruktur, Wohngebieten, Straßen und landwirtschaftlichen Betrieben. Sie drohte offen und deutlich mit einer humanitären Katastrophe, insbesondere angesichts der weit verbreiteten Zerstörung und der anhaltenden Bombardierung der gesamten Region Nordostsyrien.

Die türkische Aggression richtete sich vor allem gegen die Zivilbevölkerung: Wohnhäuser wurden mit Bomben von großer Zerstörungskraft in Schutt und Asche gelegt, es fanden direkte Angriffe auf Dienstleistungszentren, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, die Energie-, Strom- und Wasserversorgung sowie auf Moscheen, Friedhöfe, Dörfer und Städte statt.“

Die Bevölkerung soll vertrieben werden

Die Angriffe von Efrîn bis Dêrik seien darauf angelegt, die Zivilbevölkerung aus der Region zu vertreiben, heißt es weiter in dem Bericht. Die QSD betonen, dass es sich dabei um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, das dokumentiert und belegt sei: „Dieser Bericht liefert ein statistisches Ergebnis der Verstöße der türkischen Besatzungsmacht und der Angriffe von IS-Zellen auf den Nordosten Syriens, zusätzlich zu den gemeinsamen Anti-IS-Operationen unserer Kräfte und der internationalen Koalition. Zusätzlich zu den brutalen Angriffen auf die Region setzte die Besatzungsmacht bewusst Agenten und Spione ein, um die Stabilität und Sicherheit zu untergraben und Zwietracht in der Bevölkerung zu säen. Unsere Kräfte nahmen Dutzende von Agenten und Bandenmitglieder fest und zerschlugen kriminelle Netzwerke, darunter auch Drogenhändlerringe.“

Koordinierung zwischen türkischen Angriffen und IS-Bewegungen

Die direkten Angriffe auf Kommandant:innen und Kämpfer:innen der QSD, die die wichtigste Rolle bei der Zerschlagung des angeblichen IS-Kalifats spielten, stellen eine große Herausforderung im Kampf gegen die Terrormiliz dar. Die QSD berichten von einer „eindeutigen und öffentlichen Koordinierung“ zwischen den Angriffen der Türkei und den Bewegungen von IS-Zellen. Die Türkei habe den Terroranschlag auf das Sina-Gefängnis in Hesekê öffentlich unterstützt und Angriffe auf das Auffang- und Internierungslager Hol durchgeführt, um Islamist:innen die Flucht zu ermöglichen. Die von der Türkei besetzten Gebiete in Nordsyrien seien weiterhin ein sicherer Zufluchtsort für den IS, so die QSD: „Das alles bestätigt einmal mehr die direkte Verbindung zwischen der Türkei und dem IS, der schon immer die türkische Grenze genutzt hat, um in syrisches Gebiet einzudringen.“

Statistik der türkischen Angriffe

Laut der QSD-Statistik hat die Türkei in diesem Jahr 17.596 Angriffe auf die nordostsyrische Autonomieregion durchgeführt. In 120 Fällen wurden Drohnen eingesetzt, in 43 Fällen Kampfjets, bei den weiteren schwere Artillerie, Mörser und Panzer.

263 Zivilpersonen wurden verletzt, darunter 59 Kinder und 44 Frauen. 59 Zivilpersonen, darunter zwölf Kinder und fünf Frauen, wurden bei den türkischen Angriffen getötet.

Bei legitimen Vergeltungsaktionen der QSD sind in diesem Jahr 44 Soldaten der türkischen Armee und 22 Söldner ums Leben gekommen.

IS-Angriffe und Antiterrorkampf

„Die Terrororganisation IS nutzte die Tatsache, dass unsere Kräfte mit der Abwehr der Angriffe der türkischen Besatzungsmacht auf die Regionen im Nordosten Syriens beschäftigt waren. Daher eskalierten die IS-Zellen ihre Angriffe und zielten auf lokale Gemeinschaften und diejenigen, die ihren Terrorismus ablehnen, sowie auf Sicherheits- und Militärkräfte, Gefängnisse und Lager, in denen IS-Gefangene und deren extremistischen Familien untergebracht sind. Die Anschläge des IS im Jahr 2022 spiegeln die Veränderungen in seiner Taktik wider, mit denen er versucht, seine Stärke unter Beweis zu stellen und die extremistische Tendenz unter ihren Elementen und Zellen zu reaktivieren, nachdem diese in der vergangenen Zeit, insbesondere nach den vielen Rückschlägen der Organisation, die Hoffnung verloren haben“, so der Bericht weiter.

Laut der Statistik der QSD haben 113 Operationen gegen den IS in den Regionen Hesekê, Deir ez-Zor, Raqqa und Minbic stattgefunden, darunter drei Militärübungen mit der internationalen Koalition. 3500 Islamisten wurden bei dem Versuch, aus dem Sina-Gefängnis zu fliehen, „schubweise festgenommen. Sie wurden gezwungen, sich in dem Gebäude, in dem sie verbarrikadiert waren, zu ergeben“, so die QSD. Im Zuge der versuchten Erstürmung des Gefängnisses wurden 375 IS-Mitglieder getötet.

Gefallene Kämpferinnen und Kämpfer

Der IS hat 2022 nach QSD-Angaben 174 Terroranschläge in Nordostsyrien verübt. Weiter teilen die QSD mit: „Während des legitimen Kampfes unserer Streitkräfte gegen die Angriffe der IS-Terrorzellen, die türkische Besatzung und ihre Söldner sowie gegen alle anderen Parteien, die versuchen, die Sicherheit zu destabilisieren und die Stabilität zu untergraben, sind 178 unserer Kämpfer:innen gefallen, darunter 95 bei der Abwehr der türkischen Angriffe, 69 beim Kampf gegen die IS-Terrorzellen und 14 durch Verkehrsunfälle und Krankheiten. Der Kampf unserer Kräfte zeigt, dass sie sich in erster Linie für den Schutz der Region und ihrer Bevölkerung einsetzen. Ihre Opfer waren ein unüberwindbares Hindernis für die Besatzungspläne des türkischen Staates und der IS-Söldner.“

Appell an die internationale Gemeinschaft

Abschließend appellieren die QSD in ihrem Bericht an die internationale Gemeinschaft: „Während wir auf dieser Grundlage unser Versprechen an unser Volk wiederholen, den Kampf gegen alle Angriffe fortzusetzen, rufen wir die internationale Gemeinschaft erneut dazu auf, ihre Verantwortung und Pflichten gegenüber den gefährlichen Verstößen der türkischen Besatzungsmacht und ihrer Söldnergruppen gegen unser Volk in Nordostsyrien, einschließlich der von der Türkei besetzten Gebiete, wahrzunehmen. Wir rufen auch unsere Partner in der internationalen Koalition auf, die Unterstützung für unsere Kräfte und die Bevölkerung der Region im Verhältnis zum Ausmaß der Gefahren und Herausforderungen, die vom IS und seinen Terrorzellen ausgehen, und zum Ausmaß der Zerstörung, die der Region durch den Krieg gegen den Terrorismus zugefügt wurde, zu erhöhen."

Der vollständige Bericht findet sich auf Englisch hier.