Kurdische Medienschaffende dürfen Türkei weiterhin nicht verlassen

Ein Strafgericht in Amed hat das Ausreiseverbot und polizeiliche Meldeauflagen gegen 15 kurdische Medienschaffende bestätigt. Der Prozess gegen sie und weitere drei Angeklagte wegen Terrorvorwürfen wird im Mai fortgesetzt.

Fünfzehn Journalistinnen und Journalisten in der Tradition der freien kurdischen Presse dürfen die Türkei auch mehr als sechs Monate nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft nicht verlassen. Ein Strafgericht in Amed (tr. Diyarbakır) folgte bei der dritten Hauptverhandlung am Donnerstag der Forderung ihrer Verteidigung nicht, die Ausreisesperre aufzuheben. Drei weitere im selben Verfahren angeklagte Medienschaffende, die nicht verhaftet worden waren, wurden allerdings von ihrer wöchentlichen Meldepflicht bei der Polizei entbunden. Die übrigen Angeklagten sind damit wohl für mehrere weitere Monate in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt, da der Prozess gegen sie erst am 9. Mai fortgesetzt werden soll.

Der DFG-Ko-Vorsitzende Serdar Altan, der Redakteur der Nachrichtenagentur Mezopotamya, Aziz Oruç, die beiden Redakteure der kurdischsprachigen Zeitung Xwebûn, Mehmet Ali Ertaş und Zeynel Abidin Bulut, der Moderator und ehemalige MA-Redakteur Ömer Çelik, die Moderatorinnen Neşe Toprak und Elif Üngür, die Kameraleute Mazlum Doğan Güler, Ibrahim Koyuncu, Abdurrahman Öncü, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Lezgin Akdeniz und Mehmet Şahin sowie Remziye Temel, Buchhalterin von Piya Production, waren im Juni 2022 als vermeintliche Mitglieder einer terroristischen Organisation verhaftet worden. Erst im Juli vergangenen Jahres wurden sie gegen Auflagen auf freien Fuß gesetzt.

Einige der Angeklagten heute bei Gericht in Amed

Anklage fordert siebeneinhalb Jahre Gefängnis

Die Anklage beschuldigt die kurdischen Journalist:innen unter anderem, mit ihrer Berichterstattung „PKK-Propaganda“ betrieben und TV-Programme zugunsten von Abdullah Öcalan produziert zu haben, durch „agitative Berichte“ die Öffentlichkeit manipuliert zu haben, indem sie den Eindruck erweckt hätten, „Operationen türkischer Streitkräfte gegen die [PKK] würden sich gegen das kurdische Volk richten“, sowie Anweisungen der PKK-Führungsebene weitergeleitet und „Terroristen mittels Nachrichtenbeiträgen und TV-Programmen über Operationen und Aktivitäten der Luftwaffe“ informiert zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert für alle angeklagten Medienschaffenden ein Strafmaß von sieben Jahren und sechs Monaten.

Verteidigung: Prozess wird womöglich jahrelang dauern

Zum Auftakt des Prozesstages hat die Verteidigung der Angeklagten erneut ihren Freispruch gefordert. Rechtsanwalt Resul Temur rief das Gericht zudem dazu auf, die juristischen Kontrollauflagen aufzuheben. Der Hauptverteidiger in dem Prozess sprach mit Blick auf das andauernde Ausreiseverbot und polizeiliche Meldeauflagen von einem „politischen Beschluss“ und von „Schikane“. Er kündigte an, im Namen seiner Mandant:innen Einspruch einzulegen. Der Mechanismus der „alternativen Haft“ bedeute für die Angeklagten eine eklatante Einschränkung bei der Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit und einen Schlag gegen die Pressefreiheit dar. Mit Blick auf die Fortsetzung des Verfahrens erst in mehr als drei Monaten warf Temur dem Gericht vor, den Prozess zu verschleppen Weder Richter noch Staatsanwaltschaft würden etwas tun, um diesen Fall zu beschleunigen oder zu einem Ergebnis zu kommen. „Das heißt, der Prozess wird vermutlich noch jahrelang dauern.“