21 Festnahmen: „Die freien Medien lassen sich nicht zum Schweigen bringen“

In der Türkei sind heute 21 Journalist:innen festgenommen worden, die Redaktion von JinNews wurde durchsucht. In Amed haben Medienschaffende auf den Zusammenhang mit dem Krieg in Kurdistan hingewiesen und erklärt, sich nicht mundtot machen zu lassen.

Die Anzahl der auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakir (ku. Amed) festgenommenen Journalist:innen ist auf 21 gestiegen. Die türkische Polizei hat am Mittwochmorgen diverse Wohnungen in der kurdischen Metropole gestürmt und Serdar Altan (Ko-Vorsitzender des Journalistenvereins Dicle-Firat, DFG), Safiye Alagaş (Direktorin der Frauennachrichtenagentur JinNews), Gülşen Koçuk (Redakteurin von JinNews), Aziz Oruç (Redakteur der Nachrichtenagentur Mezopotamya, MA) und die Journalist:innen Ömer Çelik, Suat Doğuhan, Ramazan Geciken, Berivan Karatorak, Esmer Tunç, Neşe Toprak, Zeynel Abidin Bulut, Mazlum Doğan Güler, Mehmet Şahin, Elif Üngür, Ibrahim Koyuncu, Remziye Temel, Mehmet Yalçın und Abdurrahman Öncü festgenommen. Im selben Ermittlungsverfahren ist Feynaz Koçuk in Gebze in der Westtürkei festgenommen worden.

Die Redaktion von JinNews in Amed ist ebenfalls in der vergangenen Nacht durchsucht worden. Bei der Frauennachrichtenagentur und den festgenommenen Journalist:innen wurden Speichermedien, Telefone, Computer und Festplatten beschlagnahmt.

Bei den Razzien in Amed wurde außerdem Mehmet Ali Ertaş festgenommen. Die Wohnung, in der er sich aufhielt, wurde akribisch durchsucht. Ertaş wurde währenddessen zehn Stunden in Handschellen festgehalten und anschließend abgeführt.

Zwanzig der festgenommenen Journalist:innen

In der Kreisstadt Çınar sind die Journalisten Lezgin Akdeniz und Kadir Bayram bei einer Personenkontrolle festgenommen worden. Bisher ist unklar, was ihnen vorgeworfen wird und ob es sich um dasselbe Verfahren handelt.

Wir werden weiter die Wahrheit berichten“

Vor dem Gebäude der Journalistenvereinigung DFG in Amed haben zahlreiche Kolleginnen und Kollegen der festgenommenen Journalist:innen unter dem Motto „Die freien Medien lassen sich nicht zum Schweigen bringen“ protestiert. An der Protestkundgebung nahmen auch Mitglieder der Mesopotamischen Journalistinnenplattform (MKGP), der Journalistengewerkschaft Türkei (TGS) und der Demokratischen Partei der Völker (HDP) teil.

Die DFG-Ko-Vorsitzende Dicle Müftüoğlu, die selbst Anfang der Woche nach viertägiger Polizeihaft freigelassen wurde, gab eine Erklärung ab, in der sie die Berichterstattung über die Festnahmen in den gleichgeschalteten Medien in der Türkei kritisierte. In zahlreichen Zeitungen und TV-Sendern wurde gemeldet, dass es sich bei den Festgenommenen um Mitglieder eines klandestinen Pressekomitees der PKK handele. Zur Begründung wurde auf journalistische Beiträge in dem kurdischen Sender Stêrk TV und dem türkischsprachigen Kanal Medya Haber TV verwiesen. Dicle Müftüoğlu bezeichnete diese Darstellung als haltlose Stimmungsmache, die Arbeit der Journalist:innen sei nicht geheim, sondern finde öffentlich statt.

Der eigentliche Grund für die Festnahmeoperation sei die Tatsache, dass die vom türkischen Staat in Kurdistan begangenen Rechtsverletzungen von den Journalist:innen aufgedeckt worden seien: „Die Regierung greift zu dieser Methode, damit ihre schmutzige Kriegspolitik nicht öffentlich gemacht wird. Uns ist bewusst, dass in dieser Zeit der Militäroperationen in der Föderalen Region Kurdistan und in Nord- und Ostsyrien die Stimme der Kurdinnen und Kurden zum Schweigen gebracht werden soll.“ Die Festnahmen seien Teil des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Vernichtungsfeldzugs in Kurdistan.

Dicle Müftüoğlu forderte die sofortige Freilassung ihrer Kolleginnen und Kollegen und erklärte: „Wie in der Vergangenheit werden wir auch heute weiter die Stimme des kurdischen Volkes, der in der Türkei lebenden Völker, der Werktätigen, der Kinder, Frauen, Glaubensgemeinschaften und aller Ausgegrenzten sein. Seit fünfzig Jahren habt ihr es nicht geschafft, die freie Presse zum Schweigen zu bringen, eure Kraft wird auch in Zukunft nicht dafür ausreichen. Wir werden der Bevölkerung weiter die Wahrheit berichten.“