Gründerin von Leopards Beyond Borders
Die kurdische Biologin Hana Raza gehört zu den diesjährigen Preisträger:innen des Wayfinder Awards der National Geographic Society. Das gab die Organisation gestern in Washington bekannt. Mit dem Preis werden 15 Pionier:innen aus aller Welt gewürdigt, die neue Wege im Natur- und Artenschutz, in Wissenschaft, Bildung und Storytelling gehen.
Hana Raza, die einen Master-Abschluss in Ökologie und Wildtierschutz hat, wird für ihre bahnbrechende Arbeit im Schutz des Persischen Leoparden und anderer bedrohter Tierarten in den Bergen Kurdistans ausgezeichnet. Sie ist Gründerin der Organisation Leopards Beyond Borders und eine der führenden Stimmen im Naturschutz in Südkurdistan und im Irak. „Diese außergewöhnliche Gruppe von Wegbereiter:innen verkörpert den Mut und die Entschlossenheit, die unsere Welt jetzt braucht“, sagte Alex Moen, Chief Explorer Engagement Officer bei National Geographic.
Raza wird der Preis im Rahmen des jährlich stattfindenden Explorers Festival der National Geographic Society in Washington überreicht. Neben internationaler Anerkennung erhalten die Preisträger:innen finanzielle Unterstützung für ihre Projekte sowie Zugang zu einem globalen Netzwerk von Forschenden und Umweltschützer:innen.
Leopardenschutz im Schatten des Krieges
Hana Raza wurde 1971 in einem Flüchtlingslager der Peschmerga in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) geboren. Im Säuglingsalter überlebte sie einen Chemiewaffenangriff auf das Lager in Sergelê und floh mit ihrer Familie in die Berge. Die Wälder, die ihr einst Schutz boten, wurden später zum Zentrum ihres beruflichen Engagements. Heute schützt sie genau diese Berge – als Lebensraum für bedrohte Arten und als Symbol für Hoffnung und Widerstand.
Seit über 15 Jahren setzt sich Raza für den Erhalt des Persischen Leoparden und des Syrischen Braunbären ein – Arten, die durch Jahrzehnte von Krieg und Lebensraumverlust in der Region fast verschwunden waren. 2011 gelang ihrem Team mit Hilfe von Kamerafallen der Nachweis, dass der Persische Leopard in den südlich von Silêmanî gelegenen Qeredax-Bergen (Qara Dagh) weiterhin existiert.
In der Folge wurde dort das erste offiziell geschützte Naturreservat in der Kurdistan-Region des Irak gegründet. Das Naturschutzgebiet Qeredax ist ein Höhenzug dichter Eichenwälder, der sich über fast 2.300 Hektar erstreckt. Das Reservat verfügt über mehrere Ökosysteme wie Bergwälder, subalpines Dornbuschland und Auwälder. Das Gebiet beherbergt beinahe tausend Pflanzenarten und über 180 verschiedene registrierte Vogelarten. Durch Kamerafallenüberwachung wurden dort bislang 15 verschiedene Säugetierarten identifiziert.
Brücken zwischen Mensch und Natur
Ein zentrales Element ihrer Arbeit ist der Dialog mit der lokalen Bevölkerung. „Nur wenn die Menschen den Wert der Natur verstehen, wird sie langfristig geschützt“, betonte Raza 2023 in einem Interview. Auch wenn Begegnungen mit Leoparden teils Angst auslösen, habe sie erlebt, dass viele Menschen sich mit den Tieren verbunden fühlen – nicht zuletzt, weil auch sie in den Bergen Zuflucht fanden.
Raza arbeitet zudem daran, Iraks erste Community Conserved Area ins Leben zu rufen, bei der Schutz und Mitsprache der lokalen Gemeinden im Vordergrund stehen. Sie sieht den Persischen Leoparden dabei nicht nur als Tier, sondern als Symbol für eine friedliche Koexistenz von Mensch, Tier und Natur.
Naturschutz als Lebensaufgabe
Bereits 2017 erhielt Hana Raza den Future for Nature Award, 2022 wurde sie in die Liste der Explorers Club 50 aufgenommen – der 50 Menschen weltweit, „die die Welt verändern“. „Natur ist nicht nur meine Berufung – sie ist mein inneres Feuer“, sagt Raza. „Ohne diese Leidenschaft würde ich keinen Tag durchhalten.“
Wayfinder Award
Der Wayfinder Award der National Geographic Society ehrt jährlich eine neue Generation von Explorers, die durch Forschung, Bildung, Technologie oder Kunst außergewöhnliche Beiträge für den Erhalt unseres Planeten leisten. Neben finanzieller Unterstützung erhalten die Preisträger:innen Zugang zu Förderprogrammen, Weiterbildungen und globalen Austauschformaten.
Foto Hana Raza © privat