Tödliche Polizeigewalt in Deutschland
Etwa 120 Menschen haben am Freitagabend am Nürnberger Kornmarkt an einer Gedenkkundgebung für Qabel A. teilgenommen. Zu der Veranstaltung hatten die Initiative Migrantifa sowie Angehörige des Getöteten aufgerufen. Anlass war der tödliche Polizeieinsatz vom 4. März 2025, bei dem der 38-Jährige in seiner Wohnung durch einen Schuss eines Polizeibeamten ums Leben kam.
In mehreren Redebeiträgen wurde scharfe Kritik an dem Einsatz geäußert. Die Angehörigen beschrieben den Tod von Qabel A. als „Hinrichtung“ und forderten eine unabhängige, lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Laut Schilderungen der Familie soll Qabel A. bereits kniend gewesen sein, als der tödliche Schuss abgegeben wurde. Die Ermittlungen der zuständigen Behörden dauern an.
Zweifel an Rechtmäßigkeit des Haftbefehls
Hintergrund des Polizeieinsatzes war ein Haftbefehl wegen vermeintlicher Körperverletzung, der laut Angaben aus dem Umfeld der Familie bereits im Juli 2024 ausgestellt wurde. Nach Aussagen der Angehörigen sei dieser jedoch rechtlich fehlerhaft gewesen: Er habe unter anderem keine richterliche Unterschrift getragen, sei mehrfach handschriftlich korrigiert worden und habe auf einer unzutreffenden Gefahreneinschätzung beruht – insbesondere habe keine Fluchtgefahr bestanden.

Qabel A. hinterlässt zwei Kinder im Alter von 19 und 16 Jahren und zwei kleine Hunde, um die er sich liebevoll kümmerte. Er war als Trainer für die chinesische Kampfkunst Wing Tsun aktiv und in der Jugendarbeit engagiert. Viele seiner Schüler:innen nahmen am Tag der Beisetzung am 11. März an einer Abschiedszeremonie teil. Rund 500 Menschen begleiteten ihn damals auf seinem letzten Weg. Auf der Kundgebung gestern erinnerten einige von ihnen mit eigenen Worten an ihren Trainer.
Forderung nach Konsequenzen und strukturellen Veränderungen
Die Familie und Unterstützer:innen forderten auf der Versammlung strafrechtliche Konsequenzen für den beteiligten Polizisten sowie eine Untersuchung möglicher Fehler in der Einsatzplanung. „Es reicht nicht, nur Einzelfälle zu verfolgen – es braucht Maßnahmen, damit solche Taten nie wieder passieren“, so eine Rednerin.
In mehreren Beiträgen wurde der Fall Qabel A. in eine breitere gesellschaftliche Debatte eingebettet. Unter anderem wurde auf weitere Todesfälle im Zusammenhang mit Polizeigewalt hingewiesen – namentlich auch auf Halim Dener, einen kurdischen Jugendlichen, der 1994 in Hannover von einem Polizisten erschossen wurde. Die Redner:innen sprachen von einem strukturellen Problem, das sich in rassistischer Polizeigewalt und fehlender Aufarbeitung zeige.
Solidarität über Grenzen hinweg
Die aus dem Irak stammende und der verfolgten und unterdrückten Minderheit der Mandäer:innen angehörende Familie von Qabel A. betonte, sie wolle mit ihrem Engagement nicht spalten, sondern verbinden. Es gehe um Solidarität und gegenseitige Unterstützung – unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache. Auch Vertreter:innen antirassistischer Gruppen forderten, sich gemeinsam gegen Polizeigewalt, Ausbeutung und institutionellen Rassismus zu organisieren.