In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni wurde in Wuppertal-Elberfeld ein 35-jähriger Mann in seiner Wohnung von der Wuppertaler Polizei mit einer Maschinenpistole erschossen. Bereits im Dezember 2019 war in Wuppertal-Wichlinghausen ein junger Mann auf offener Straße von der Polizei erschossen worden, nachdem er mit einem Hammer mehrere Autospiegel abgeschlagen hatte. Auch damals gab es Protest gegen die tödlichen Polizeischüsse.
Nach den tödlichen Polizeischüssen am Arrenberg hatte für heute eine Initiative gegen Polizeigewalt zum gemeinsamen offenen Gedenken aufgerufen. In mehreren Wortbeiträge wurde das Vorgehen der Polizei, das für den 35-Jährigen tödlich endete, thematisiert und es wurden viele kritsche offene Fragen gestellt. Am Rande wurden Flugplätter an Passant:innen verteilt. Zum Abschluss wurden Blumen und Kerzen am Mehrfamilienhaus abgestellt. Erst kurze Zeit später trafen 3 Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei ein.
Foto von der Initiative: „Gedenkt den Opfern von Polizeigewalt“ steht auf dem Transparent
Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf, der auch in der Nachbarschaft verteilt wurde:
Ruft nicht die Cops!
Wir, eine Initiative gegen Polizeigewalt, rufen zu einem gemeinsamen offenen Gedenken, an den in der Tannenbergstraße von der Polizei getöteten 35 Jahre alten Mann auf. Dazu treffen wir uns am Samstag, den 19. Juni 2021 um 15:00 Uhr an der Tannenbergstraße/Ecke Arrenberger Straße.
Wir sind entsetzt, dass in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni schon wieder ein Mensch von der Wuppertaler Polizei erschossen wurde. Erst im Dezember 2019 wurde in Wuppertal-Wichlinghausen ein junger Mann auf offener Straße von der Polizei erschossen.
Wir kennen das Todesopfer nicht, wir wissen nicht wie es ihm ging, in der Nacht als ihn die Polizei erschoss. Was wir jedoch wissen ist, dass sich die Fälle, in denen Menschen durch die Polizei erschossen werden in den letzten Jahren deutlich häufen. Uns fällt dabei auf, dass es in Deutschland, neben von Rassismus Betroffene, besonders häufig Menschen trifft, die psychische Probleme haben oder denen diese nachgesagt werden.
Wir kennen, wie viele andere auch, die Situation in denen wir Angst vor anderen Menschen haben und schlicht nicht wissen wie wir damit umgehen sollen. Wir sind aber mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass es unverantwortlich ist in diesen Fällen die Polizei zu rufen. Zu oft bleibt ein Menschenleben auf der Strecke. Wie wir dann mit schweren Situationen umgehen sollen, ist keine einfache Frage. Letztlich bleibt nur, dass wir uns alle gemeinsam um unsere Nachbarschaften kümmern – uns kennen und dadurch besser wissen wie es jemandem geht und wie eine Situation ohne Mord und Totschlag gelöst werden kann.
Uns treibt die Sorge um, dass sich die ausufernde Gewalt der Polizei nicht von alleine eindämmt, deshalb möchten wir nach der Erschießung in der Tannenbergstraße nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Für uns ist es selbstverständlich, dass wir bei unserem Gedenken laut kritische Fragen stellen werden! Zum Beispiel:
- Warum musste die Polizei in die Wohnung? Hätte sie nicht vor der Wohnungstür auf den psychologischen Dienst warten können statt das SEK zu rufen und sich mit einer Maschinenpistole zu bewaffnen?
- Warum nehmen die Erschießungen durch die Polizei in den letzten Jahren so zu? Liegt es daran, dass junge Polizist*innen durch ihre Ausbilder*innen und die Gewerkschaft der Polizei dazu aufgemuntert werden öfter mal die Knarre einzusetzen?
- Sind sich Polizist*innen zu sicher, dass sie von den Gerichten freigesprochen werden?
- Sollten wir nicht auch hier, wie in den USA, darüber nachdenken wie eine Gesellschaft ohne Polizei aussehen könnte?