Die im Iran inhaftierte politische Gefangene Zeynab Jalalian ist offenbar aus dem Gefängnis in Kirmaşan (Kermanschah) in eine Haftanstalt in der zentraliranischen Stadt Yazd verlegt worden. Das meldet die Menschenrechtsorganisation Kurdistan Human Rights Network. Es handelt sich um die vierte Verlegung Jalalians innerhalb der letzten sechs Monate.
Die 38-jährige Aktivistin Zeynab Jalalilan befand sich zuletzt im Frauentrakt des Zentralgefängnisses der ostkurdischen Stadt Kirmaşan. In der Nacht zum Dienstag wurde sie ohne Angabe von Gründen von iranischen Sicherheitskräften aus ihrer Zelle geholt. Zwei Tage lang war ihr Aufenthaltsort nicht bekannt. Erst Anfang Oktober hatte man Jalalian nach Kirmaşan verlegt. Davor befand sie sich etwa drei Monate in einer Strafvollzugsanstalt in der knapp 1.300 Kilometer östlich gelegenen Stadt Kerman. Dorthin wurde sie im April aus der Haftanstalt Qarchak in Waramin südlich der iranischen Hauptstadt Teheran gebracht. Zuvor war sie in Xoy (Khoy) inhaftiert.
Während dieser Odyssee erkrankte Zeynab Jalalian an Covid-19 und Asthma, zudem erlitt sie während den Transporten Verletzungen durch Fesseln an den Hand- und Fußgelenken. Wie das Kurdistan Human Rights Network berichtet, wurde Jalalian bei den Verlegungen zudem von iranischen Sicherheitskräften körperlich misshandelt. Da ihre Verletzungen unbehandelt blieben, leidet sie inzwischen an den Spätschäden. Des Weiteren sei sie noch immer geschwächt von einem Hungerstreik, den sie Ende Juni aufgenommen hatte, um ihre Zurückbringung nach Xoy zu erwirken – erfolglos. Informationen über ihre derzeitige gesundheitliche Verfassung liegen nicht vor. Ihre Angehörigen können sie nur selten besuchen, da die letzten Haftanstalten, in denen Jalalian untergebracht wurde, in weiter Entfernung zum Wohnort liegen. Ähnlich wie in der Türkei, aber auch im Baskenland, wo politische Gefangene in ganz Spanien und Frankreich verteilt werden, so dass ihre Familien und Angehörigen meist hunderte Kilometer und teilweise mehr für einen Kurzbesuch reisen müssen, gehen auch die Behörden in Iran vor und verlegen die Gefangenen in möglichst weit vom Wohnort entfernte Gefängnisse. Jalalians Eltern leben in Makû (Mako), die Stadt Yazd befindet sich in rund 1400 Kilometern Entfernung.
Irans Praxis „gleichwertig mit Folter“
Zeynab Jalalian ist schwer vorerkrankt. Unter anderem leidet sie an Soor, schweren Infektionen und Wucherungen der Bindehaut. Obwohl sie dadurch Gefahr läuft, ihr Augenlicht zu verlieren, verweigern ihr die iranischen Behörden seit Jahren den Besuch von Fachärzten oder eine Behandlung außerhalb des Gefängnisses. Immer wieder wird sie stattdessen unter Druck gesetzt, im Fernsehen „Geständnisse“ abzulegen. Nur dann werde man ihr die erforderliche Behandlung gewähren. Jalalian weigerte sich bisher und trat mehrfach aus Protest gegen die Haftbedingungen in einen Hungerstreik. Amnesty International bewertet die Verweigerung der Behandlung Jalalians als eine Praxis „gleichwertig mit Folter“ und forderte wiederholt ein Wiederaufnahmeverfahren, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht. Im Mai wurde zudem bekannt, dass ein weiteres Verfahren gegen Jalalian in Teheran anhängig ist. Warum gegen sie ermittelt wird, ist allerdings noch unklar.
Einzige weibliche Gefangene in Iran mit lebenslanger Haftstrafe
Die 1982 in Makû geborene Zeynab Jalalian wurde im Sommer 2008 in Kirmaşan verhaftet und im Januar 2009 vor einem dortigen Revolutionsgericht wegen „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) zum Tode verurteilt. Diese Anklage wird gegen Personen erhoben, die man beschuldigt, den Staat mit Waffengewalt zu bekämpfen. Die Verurteilung Jalalians steht mit ihrer mutmaßlichen Mitgliedschaft in der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê – PJAK) in Zusammenhang. Zuvor hatte sie acht Monate lang in einer Einrichtung des Geheimdienstministeriums in Untersuchungshaft gesessen. Ihren Angaben zufolge wurde sie während dieser Zeit gefoltert. In ihrem Gerichtsverfahren, das offenbar nur wenige Minuten dauerte, hatte sie keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Das Todesurteil gegen Zeynab Jalalian wurde im November 2011 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Sie ist derzeit die einzige weibliche Gefangene im Iran, die mit dieser Strafe belegt ist. Im Juni 2019 ist Jalalians acht Monate zuvor verhafteter Anwalt Amirsalar Davoodi wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu 30 Jahren Haft verurteilt worden.