Die Ko-Vorsitzenden sind im Gefängnis, zahlreiche Mitglieder wurden in den vergangenen Monaten verhaftet, und trotzdem hat der Solidaritätsverein MEBYA-DER heute in Amed (tr. Diyarbakir) seinen zweiten ordentlichen Kongress abgehalten. Zur Unterstützung des von massiver Repression betroffenen Vereins der Angehörigen von Gefallenen nahmen zahlreiche Politiker:innen der HDP und DBP sowie Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Mitglieder der Frauenbewegung TJA an dem Kongress teil.
Die HDP-Abgeordnete Remziye Tosun hielt zum Auftakt der Veranstaltung eine Rede, in der sie auf die geballten Angriffe auf das kurdische Volk hinwies. Sinnbildlich für die Repression und Unterdrückung sei die Totalisolation von Abdullah Öcalan, dem auf der Gefängnisinsel Imrali jeglicher Kontakt zur Außenwelt verweigert wird. „Dem kurdischen Volk soll die Luft zum Atmen genommen werden“, sagte die aus Amed stammende Politikerin und nannte Beispiele des grausamen Vorgehens des türkischen Staates, von dem selbst die Toten nicht ausgenommen seien: „Mutter Taybets Leichnam lag sieben Tage lang auf der Straße, die ermordete Cemile wurde sechs Tage in einer Kühltruhe aufgebahrt, die Gebeine von Agit Ipek wurden seiner Mutter per Paket geschickt. In Efrîn sind die Leichen von Kämpferinnen und Kämpfer ausgegraben und der Friedhof als Massengrab von YPG-Opfern dargestellt worden. Unsere Friedhöfe werden systematisch zerstört. Das alles ist für uns ein Grund, noch mehr zu kämpfen. Das versprechen wir dem kurdischen Volk.“
Weitere Reden wurden von Berdan Öztürk als Ko-Vorsitzendem der zivilgesellschaftlichen Vereinigung KCD und von Agit Ipeks Mutter Halise Aksoy gehalten. Außerdem wurde eine Grußbotschaft von der inhaftierten Vereinsvorsitzenden Yüksel Almas verlesen.
Nach der Vorstellung des Tätigkeitsberichts wurde ein neuer Vorstand gewählt. Die im März verhafteten Ko-Vorsitzenden Şehmus Karadağ und Yüksel Almas wurden wiedergewählt – der Repression zum Trotz.
Der Hilfs- und Solidaritätsverein MEBYA-DER
MEBYA-DER ist ein Solidaritätsverein für Menschen, die Angehörige im kurdischen Befreiungskampf verloren haben, und steht seit geraumer Zeit im Fokus der staatlichen Repression in der Türkei. „Hilfs- und Solidaritätsverein für Menschen, die ihre Angehörigen in der Wiege der Zivilisationen verloren haben“ lautet der volle Name des Vereins, der Zweigstellen in mehreren kurdischen Städten unterhält. Der türkische Staat macht gefallene Guerillakämpfer:innen zum Mittel der psychologischen Kriegsführung, indem Gräber verwüstet und Leichname von Gefallenen misshandelt oder verstümmelt werden. MEBYA-DER ist eine der Institutionen, die sich direkt gegen diese Politik stellt.